Wir erhöhen den Druck – mit dir!
Kommentar
Klar: Über unsere Forderungen für die Tarifrunde 2019 wird am Verhandlungstisch entschieden. Und trotzdem kommt es auf jede*n Einzelne*n an. Geht für eure Forderungen auf die Straße! Setzt ein Zeichen für den Wert eurer Arbeit! So stärkt ihr den Gewerkschafter*innen am Verhandlungstisch den Rücken.
Wer sich als Zugpendler*in am 10. Dezember 2018 geärgert hat, dass die Züge in ganz NRW morgens still standen und Zugausfälle und -verspätungen den übrigen Tag prägten, wird als Arbeitnehmer*in oder Gewerkschafter*in anerkennend gestaunt haben: So wirksam kann ein vierstündiger Warnstreik sein, wenn viele dem Streikaufruf folgen und die Streikenden an wichtigen Schalthebeln sitzen. Der Streik der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) hat seine Wirkung auf die Arbeitgeberseite nicht verfehlt. Inzwischen gibt es ein sehr gutes Verhandlungsergebnis zwischen der Deutschen Bahn (DB) und der EVG, die sich mit allen 37 Forderungen durchgesetzt hat und unter anderem erneut ein Wahlmodell „Geld oder Zeit“ vereinbaren konnte. Ein Beispiel, das Mut macht!
Der Bildungssektor setzt ein Zeichen
Wenn die GEW im Rahmen der Tarifrunde für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst der Länder die Kolleg*innen an den Schulen und Hochschulen zum Streik aufruft, wird kein Verkehrschaos ausbrechen. Und doch wird klar werden, wie viel unsere Arbeit wert ist, wenn Unterricht ausfällt oder frühzeitig endet. Darüber werden sich Eltern ärgern, die die Betreuung jüngerer Schüler*innen nicht organisieren können oder die besorgt sind, dass wichtiger Unterrichtsstoff auf der Strecke bleibt. Hochschulleitungen werden es nicht gern sehen, wenn Seminare abgesagt werden müssen, weil die wissenschaftlich Beschäftigten streiken.
Anders als die Bahn hat das Land als Arbeitgeber keinen wirtschaftlichen Verlust durch den Streik seiner Beschäftigten. Es spart sogar noch Geld, weil die streikenden Kolleg*innen am jeweiligen Streiktag nicht bezahlt werden und stattdessen als Mitglieder Streikgeld von ihren Gewerkschaften erhalten. Trotzdem wissen wir: Ein Streik von Beschäftigten im öffentlichen Dienst hat durchaus seine Wirkung auf die in Potsdam verhandelnden Tarifparteien. Ein Streik im öffentlichen Dienst betrifft viele Menschen, die Wähler*innen sind, und gefährdet das Ansehen der jeweiligen Landesregierung.
Jede*r Einzelne macht uns stark
Deswegen sollte jede*r Tarifbeschäftigte einem Streikaufruf der GEW folgen – und am besten noch weitere Kolleg*innen zum Mitmachen motivieren. Beamt*innen sollten sich solidarisieren. Schulleiter*innen sollten wissen, dass sie Kolleg*innen, die nicht streiken, nicht als Streikbrecher*innen einsetzen dürfen. Auch befristet Beschäftigte, für die eine Lohnsteigerung durch ein höheres Entgelt oder eine bessere Eingruppierung ihre gesamte Lebenssituation verbessern könnte, dürfen und sollten sich an einem Streik beteiligen.
Das Streikrecht gehört in unserer Demokratie zu den Grundrechten von Arbeitnehmer*innen. Wer sich erinnert, wie intensiv Generationen vor uns für ihre Rechte gekämpft haben – zum Beispiel für das Frauenwahlrecht, das es vor 100 Jahren in Deutschland noch nicht gab –, sollte selbstbewusst das Streikrecht in der Tarifrunde wahrnehmen. Denn trotz sprudelnder Steuereinnahmen sitzt das Geld für Lehrkräfte, Schulsozialarbeit*innen, sozialpädagogische Fachkräfte im Landesdienst, für Hochschul-beschäftigte und andere Arbeitnehmer*innen im öffentlichen Dienst bei den Finanzministe-r*innen nicht gerade locker. Ohne den Druck über Aktionen und Warnstreiks, die uns öffentlich wahrnehmbar machen, werden wir nicht das bekommen, was die Beschäftigten als Verbesserung verdienen.
Dabei sein!
Unter diesem schlichten Motto „Tarifrunde 2018 – ich bin dabei!“ hatte sich die EVG gemeinsam mit den DB-Beschäftigten auf ihre Tarifrunde vorbereitet. Ich denke, dass das auch für die GEW NRW ein gutes Motto sein könnte: „Tarifrunde 2019 – ich bin dabei!“ Denn genau darum geht es: mitmachen statt zuschauen und abwarten. Es kommt auf jede*n Einzelne*n an.
Dorothea Schäfer
Vorsitzende der GEW NRW
Foto: iStock.com / Orbon Alija
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