Lehre braucht Kontinuität
Lehrkräfte für besondere Aufgaben: Befristungspraxis beenden
Lehrkräfte für besondere Aufgaben (LfbA) werden laut Hochschulgesetz NRW „ausschließlich oder überwiegend mit Aufgaben in der Lehre beschäftigt; ihnen obliegt die Vermittlung von Fähigkeiten und Kenntnissen, die nicht die Einstellungsvoraussetzungen für Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer erfordert. Ihnen können darüber hinaus durch die Dekanin oder den Dekan andere Dienstleistungen übertragen werden“. Diese Formulierung ist abstrakt und weit entfernt von der realen Ausgestaltung der Arbeitsplätze von LfbA.
Vorab: Die Bezeichnung „Lehrkräfte für besondere Aufgaben“ bedeutet nicht, dass diese Beschäftigten tatsächlich spezielle Tätigkeiten ausüben. LfbA werden grundsätzlich in der Lehre an den Hochschulen eingesetzt: an Universitäten mit 13 bis 17, an Fachhochschulen sogar mit 20 Semesterwochenstunden.
Massenproblem Befristung
Die juristische Auseinandersetzung vor den Arbeitsgerichten war geprägt von der Frage, ob die so Beschäftigten wissenschaftlich tätig sind, also überhaupt unter das Befristungsregiment des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) fallen. Die Formel des Bundesarbeitsgerichts, jemand sei wissenschaftlich tätig, wenn sie oder er auf der Suche nach Wahrheit sei, hat nicht zu einer generellen Klärung der Befristbarkeit von Arbeitsverträgen für LfbA geführt. Klarheit hat es nur hinsichtlich der sprachvermittelnden Tätigkeit im Fremdsprachenbereich gegeben, ansonsten wird nach wie vor jeder Einzelfall geprüft. Dies führt dann zu so kuriosen Rechtsauffassungen von RichterInnen, dass die Durchführung einer Einführungsveranstaltung eines Studiums im ersten Semester genutzt werden kann, um eine Habilitation voranzubringen.
Dass die Befristung von Lehrkräften ein Massenphänomen ist, zeigen exemplarisch Zahlen der Universität zu Köln. Im August 2016 waren dort 272 Personen als LfbA beschäftigt – die wenigsten davon, nur 57, dauerhaft angestellt.
Regelungen abseits des WissZeitVG
Die neue Regelung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes, nach der WissenschaftlerInnen zwar weiter sachgrundlos befristet werden können, dieses befristete Arbeitsverhältnis aber der eigenen wissenschaftlichen Qualifizierung dienen muss, wirft die Frage nach der Rechtmäßigkeit der WissZeitVG-Befristung für LfbA erneut auf. Die gewerkschaftliche Position dazu ist eindeutig: Auf Stellen mit einer derart hohen Lehrverpflichtung ist eine wissenschaftliche Qualifizierung nicht möglich, das WissZeitVG damit nicht anwendbar. Die Konsequenz: Seit der Reform des WissZeitVG befristen die Hochschulen solche Arbeitsverhältnisse regelmäßig nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz, das bei Neueinstellungen eine sachgrundlose Befristung für die ersten zwei Jahre ermöglicht. Nach deren Ablauf ergibt sich dann ebenso regelmäßig die Frage nach einer Weiterbeschäftigung.
Die Universität Münster muss hier als schlechtes Beispiel herhalten: Das englische Seminar hat zum Wintersemester 2016/2017 fast alle LfbA wechseln wollen oder müssen, denn Dauerstellen will die Hochschule nicht anbieten – trotz zweijähriger Probezeit. So wechseln KollegInnen in befristeter Position auch aus laufenden Verträgen in unbefristete Positionen an anderen Hochschulen.
Mehr Stabilität im Mittelbau
Lehre, eine Kernaufgabe von Hochschule, bedarf eines festen Stammes im akademischen Mittelbau, der längerfristig die Kontinuität und damit die Qualität des grundlegenden Studiums sicherstellt. Dass beides oftmals nicht mehr gewährleistet ist, liegt auch an der hohen Fluktuation in der grundständigen Lehre, die vor allem in den Geistes- und Humanwissenschaften von LfbA erbracht wird. Unter dem Befristungsunwesen leiden damit nicht zuletzt die Studierenden, denn nur anschlussfähiges Wissen ermöglicht den durchgehenden und stringenten Aufbau eines Studiums.
Barbara Umrath
Doktorandin und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Technischen Hochschule Köln
Dr. Detlef Berntzen
stellvertretender Personalratsvorsitzender für den wissenschaftlichen Bereich an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster
Foto: criene / photocase.de
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