Karrierewege an der Hochschule planbar machen

GEW fordert Entfristungsoffensive

Mit der „Wittenberger Erklärung“ richteten sich die TeilnehmerInnen zum Abschluss der 9. Wissenschaftskonferenz der GEW im Herbst 2016 in Wittenberg an Bund und Länder. Ihre Forderung: eine Entfristungsoffensive, um eine Wende in der Beschäftigungssituation an den Hochschulen zu erreichen.

Prekäre Beschäftigungsverhältnisse für  Lehrbeauftragte, die oftmals grundständige Lehre erbringen, sowie  kurzfristige Vertragsverlängerungen für hoch qualifizierte WissenschaftlerInnen auch nach mehrjähriger Beschäftigung müssen der Vergangenheit angehören! Für bundesweit 50.000 zusätzliche Dauerstellen sei an den Hochschulen zu sorgen, so die Forderung der Wittenberger Erklärung. „Kurz- und Kettenverträge sind nicht nur unfair gegenüber den betroffenen Beschäftigten, sie untergraben auch die Kontinuität und damit Qualität von Forschung und Lehre. Darüber hinaus brauchen wir in Zukunft immer mehr hoch qualifizierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, um die auf hohem Niveau bleibende Zahl der Studierenden angemessen zu betreuen“, erklärt Andreas Keller, stellvertretender GEW-Vorsitzender und Hochschulexperte.

Expertise ermittelt Personalbedarf für gute Betreuungsrelation

Die GEW stützt sich auf eine Expertise, die Dr. Anke Burkhardt vom Institut für Hochschulforschung der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg im Auftrag der Max-Traeger-Stiftung vorgelegt hat. Die Studie analysiert unter anderem die in den letzten zehn Jahren deutlich gestiegene Studierendenzahl und berechnet den notwendigen Bedarf an wissenschaftlichem Personal. Berücksichtigt wird dabei auch die notwendige Betreuungsrelation von Lehrenden zu Lernenden, die sich in den letzten Jahren völlig unbefriedigend entwickelt hat. Gutes Studium und bessere Abschlussquoten setzen eine intensive Betreuung voraus. Die Studie schaut dabei auch über den deutschen Tellerrand hinaus und wirft einen Blick auf die weitaus besseren Betreuungsrelationen in der Schweiz. Für die nächsten Jahre ermittelt die Studie für deutsche Universitäten bei der Zahl der ProfessorInnen einen Mehrbedarf von über 80 Prozent, die Zahl der wissenschaftlichen MitarbeiterInnen sollte um mindestens 30 Prozent erhöht werden.

GEW fordert: Arbeitsbedingungen an Hochschulen weiter verbessern

Zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen an Hochschulen war die Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes im Frühjahr 2016 sicher ein erster, überfälliger Schritt. Die Befristung eines Vertrags muss nun an eine Qualifizierung oder ein Drittmittelvorhaben gebunden sein und die jeweilige Befristungsdauer orientiert sich an diesem Beschäftigungszweck. Die GEW fordert einen deutlichen Ausbau der Grundfinanzierung der Hochschulen, der den hohen Anteil befristeter Mittel zurückfährt – seien es Drittmittel in der Forschung oder große Projekte des Bundesministeriums für Bildung und Forschung in der Lehre. Hochschulpaktmittel zum Ausbau der Studienplätze müssen verstetigt werden. Das wird die Planungssicherheit der Hochschulen erhöhen und sowohl die Studienbedingungen wie auch die Beschäftigungsverhältnisse nachhaltig verbessern.Darüber hinaus fordert die GEW eine Nachbesserung beim gerade beschlossenen Pakt für den wissenschaftlichen Nachwuchs. Bund und Länder haben die Einrichtung von 1.000 Tenure-Track-Professuren an den Universitäten beschlossen und wollen damit jungen, qualifizierten WissenschaftlerInnen ermöglichen, auf einem transparenten und verlässlichen Karriereweg eine reguläre Professur zu erreichen. „An den Universitäten brauchen wir nicht 1.000, sondern 5.000 zusätzliche Tenure-Track-Professuren, um die strukturelle Veränderung der Karrierewege mit dem überfälligen Ausbau der Hochschulen zu verknüpfen“, mahnt Andreas Keller. Auch für Fachhochschulen fordert die GEW ein Tenure-Track-Programm. Gerade in den natur- und ingenieurwissenschaftlichen Fächern, auch in der Informatik, suchen die Fachhochschulen händeringend nach Nachwuchs. Hier muss ein Programm entwickelt werden, das hoch qualifizierte BewerberInnen mit der beruflichen Praxis in Verbindung bringt, die für die Berufung auf eine FH-Professur zwingend vorgeschrieben ist.


Dr. Ingrid Lotz-Ahrens, Mitglied im Fachgruppenausschuss Hochschule und Forschung der GEW NRW

Foto: tinykahuna / photocase.de

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