Arbeitsplatz Grundschule: Ein kleines Dankeschön

Kommentar zur Situation in der Primarstufe

Zu Beginn ihrer Amtszeit hat NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer in einer Kleinen Regierungserklärung und im Amtsblatt des Ministeriums für Schule und Bildung drei zentrale Versprechen gegeben. Jetzt – ein Jahr danach – ist es Zeit für ein herzliches Dankeschön. Die Landesregierung gibt schließlich alles, damit Beschäftigte an Grundschulen am liebsten bis zum Umfallen arbeiten.

 „Wir wollen die besoldungsrechtlichen Konsequenzen aus der Reform der Lehrerausbildung aus dem Jahr 2009 ziehen.“ *

Ein Traum! Und das soll diese Ankündigung offensichtlich auch bleiben. Im Haushaltsentwurf für 2019 sind jedenfalls noch keine Finanzmittel eingeplant, um die Bezahlung der Lehrkräfte auf A 13 Z beziehungsweise EG 13 anzuheben. Aber das macht ja nichts, die Besoldungsreform ist schließlich schon länger überfällig: Schon 2016 hat der Rechtsexperte Prof. Dr. Ralf Brinktrine von der Universität Würzburg die schulformabhängige Besoldungseinstufung von Lehrkräften als verfassungswidrig bewertet. Und die Schulministerin hat eine Reform immerhin schon wiederholt versprochen. Das muss erst einmal reichen. Klar ist: Eine Höhergruppierung gibt es 2019 für niemanden. Wer braucht schon mehr Geld, wenn die Arbeitsbedingungen paradiesisch sind? Die GEW NRW sagt ganz herzlich danke!

„Die Landesregierung hat sich vorgenommen, die Grundschulen bei ihrer wichtigen Arbeit besser zu unterstützen. Deshalb wird ein umfassender Masterplan Grundschule mit dem Ziel erarbeitet, die Lehrerinnen und Lehrer zu entlasten.“ **

Entlastung? Wozu? Grundschullehrkräfte haben zwar mit 28 Unterrichtsstunden eine sehr hohe Unterrichtsverpflichtung, aber für Kooperation, Lehrerrat, als Ansprechpartner*innen für Gleichstellungsfragen und zum Ausgleich zahlreicher außerunterrichtlicher Aufgaben bleiben immerhin ganze zwei Entlastungsstunden pro Kollegium. Genug Zeit also, um neue Aufgaben zu meistern, die der gravierende Lehrkräftemangel mit sich bringt. Wer sonst sollte sich um die mehr als tausend befristet beschäftigten Kolleg*innen an Grundschulen kümmern, die keine Lehramtsausbildung haben und keinerlei Fortbildung erhalten?
Lehrkräfte an Grundschulen haben schließlich viel Übung darin, mehr zusätzliche Arbeit als an jeder anderen Schulform zu leisten. Da kommt der politische Vorschlag einer „freiwilligen“ Pflichtstundenerhöhung gerade recht. Und – Hand aufs Herz – wer würde sich nicht darum reißen, als sogenanntes Bestandspersonal den Lehrkräftemangel ausgleichen zu dürfen, nachdem lange versäumt wurde, mehr Studienplätze zu schaffen? Nicht zu vergessen: Danke für die Einschränkung von Teilzeitmöglichkeiten. Das werden besonders junge Kolleg*innen bei der Berufswahl zu schätzen wissen.

„Deshalb wird ein umfassender Masterplan Grundschule mit dem Ziel erarbeitet, die Fachlichkeit zu stärken. Mir ist wichtig, dass in der gegenwärtigen Situation nicht den Schulen der Schwarze Peter zugeschoben wird.“ **

Das maßlose Vertrauen ist großartig, das in die grundständig ausgebildeten Lehrkräfte gesetzt wird und vermutlich mit jedem weiteren Menschen steigt, der ohne Lehramtsbefähigung an Grundschulen beschäftigt wird. Auch die Referendar*innen können sich riesig freuen, zum Beispiel auf ihr kombiniertes Fachseminar Deutsch / Mathematik. Das bedeutet weniger Ausbildungszeit für jedes Fach, denn Lesen und Rechnen kann doch sowieso jeder. Warum also unnötig auf Qualität achten, wenn es um den Deutsch- und Mathematikunterricht geht?
Auch an die Öffentlichkeit ist gedacht! Damit ihr in der Zwischenzeit nicht langweilig wird, darf sie sich mit der Methodendebatte zum Thema Rechtschreibung beschäftigen. Danke für diese geniale Publicity! Was hätte Eltern besser davon ablenken können, einmal nachzufragen, ob die Deutschlehrer*in ihres Kindes überhaupt Deutsch studiert hat oder dafür weiterqualifiziert wurde?
Um dieses kleine Dankeschön persönlich zu übergeben – mit Schampus, Blumenstrauß und allem Pipapo – fehlen den Grundschullehrkräften leider Zeit und Geld. Vielleicht klappt‘s im übernächsten Jahr – wenn die Bezahlung gesichert ist.

* Quelle: Kleine Regierungserklärung vom
4. Oktober 2017
** Quelle: Schule NRW, Amtsblatt des Ministeriums für Schule und Bildung 01/2018


Susanne Huppke
Mitglied im Leitungsteam der Fachgruppe Grundschule der GEW NRW

Foto: iStock.com / StockPlanets

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