Sprachkurse: Nachgefragt bei Heidrun Friedrichsmeier
nds: Als pensionierte Lehrerin engagieren Sie sich ehrenamtlich für Geflüchtete und MigrantInnen. Was hat Sie dazu motiviert?
Heidrun Friedrichsmeier: Ich habe lange an einer Schule mit zunehmend hohem Anteil türkisch-
stämmiger SchülerInnen gearbeitet, die mit zum Teil sehr geringen Deutschkenntnissen in die Schule kamen. Von dieser Zeit profitiere ich heute. Nach meiner Pensionierung traten zwei Beratungsstellen an mich heran: Ich erfuhr, dass sich unzählige MigrantInnen Deutschunterricht wünschten und geflüchtete Frauen eine Alphabetisierung. Meine Erfahrungen gebe ich seit 13 Jahren ehrenamtlich in Sprachkursen weiter.
Welche Aufgaben übernehmen Sie konkret?
Die Kurse sind kostenlos und werden von Geflüchteten und MigrantInnen aus verschiedensten Ländern mit unterschiedlichstem Aufenthaltsstatus und Kenntnisstand besucht. LernanfängerInnen nutzen die Kurse
als Einstieg, ohne dabei finanzielle oder rechtliche Probleme zu bekommen. Sie erlernen das Sprechen, Verstehen, Lesen und Schreiben der deutschen Sprache.
Fortgeschrittene nutzen den Kurs, um Gelerntes zu üben, Fragen zu stellen und sich mit anderen zu unterhalten – auch über ihre unterschiedlichen Religionen und Kulturen. Anders als in zertifizierten Kursen können Ehrenamtliche sich mehr Zeit nehmen für ein Thema, für Fragen und Probleme. Ganz individuell, je nachdem wie es eben notwendig ist. Hilfreich ist es, wenn eine zweite ehrenamtlich tätige Person zeit-
weilig Einzelne oder Kleingruppen gezielt fördern oder auch Kinderbetreuung anbieten kann.
Ehrenamtliche HelferInnen können diese wichtigen Bildungsaufgaben nicht langfristig stemmen. Wo muss die Landesregierung definitiv nachbessern?
Ohne ehrenamtliche Hilfen können Hauptamtliche ihre Arbeit nicht leisten. Auf Dauer sind sie im Bildungsbereich unverzichtbar. Dafür müssen in den Schu-len und Flüchtlingsunterkünften genügend Räume
und Materialien für Unterricht und Kinderbetreuung zur Verfügung stehen. Außerdem muss Zeit für den Austausch mit Lehrenden da sein. Muttersprachlicher Unterricht in der Schule hat sich bei türkischsprachigen Kindern bewährt. Jetzt müsste geprüft werden, wie dies für Kinder mit arabischer Muttersprache verwirklicht werden kann. In NRW gibt es glücklicherweise keine Sortierung der Kinder nach Herkunftsland und Aufenthaltsstatus mehr. Dasselbe sollte auch für Erwachsene gelten. Auch Geflüchtete, die später von einer Rückführung betroffen sein könnten, sollten Zugang zu allen Unterrichtsangeboten erhalten, damit die Wartezeit auf die Entscheidung eines Antrags für niemanden verlorene Zeit ist.
Die Fragen für die nds stellte Sherin Krüger.
Foto: iwona1701 / Fotolia.com
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