Kommunale Integration: Nachgefragt bei Viktoria Prinz-Wittner

nds: Welche zusätzlichen Kompetenzen benötigen Lehrkräfte für den Unterricht mit geflüchteten Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen?

Viktoria Prinz-Wittner: Lehrkräfte und pädagogische Fachkräfte stehen vor der Herausforderung, neu zugewanderten und geflüchteten Kindern und Jugendlichen die deutsche Alltags- und Bildungssprache zu vermitteln, sie unter Umständen mit schulischem Lernen vertraut zu machen, Bildungserfolge zu ermöglichen und Integrationsarbeit zu leisten. Dafür sind alle an Schule Beteiligten aufgefordert, sich selbst ihrer diversitäts- und migrationssensiblen Haltung bewusst zu werden. Sie müssen sich Kenntnisse aneignen beispielsweise hinsichtlich rechtlicher Rahmenbedingungen und individueller Ausgangslagen unter Berücksichtigung der lebensweltlichen Mehrsprachigkeit. LehrerInnen müssen ihre Fähigkeiten ausbauen im Hinblick auf Alphabetisierung, sprachkontrastives Arbeiten und sprachsensiblen Fachunterricht.
Qualifizierungsmaßnahmen sollten diese Kompetenzaspekte beinhalten und nicht nur für Lehrkräfte, sondern auch für pädagogische Fachkräfte wie aus dem offenen Ganztag angeboten werden. Beschulung geflüchteter und neu zugewanderter Kinder und Jugendlicher ist nicht nur Aufgabe einzelner, neu eingestellter Lehrkräfte, sondern stellt eine gesamtschulische Aufgabe dar. Und Schulen brauchen Unterstützung bei interkulturellen Unterrichts- und Schulentwicklungsprozessen.

Welchen Ansatz müssen entsprechende Fortbildungen verfolgen und wen müssen sie erreichen?

Qualifizierungsangebote und -formate, die in einer Arbeitsgruppe im Ministerium für Schule und Weiterbildung mit allen Akteuren abgestimmt werden, richten sich an unterschiedliche Adressaten: Zunächst an neu eingestellte Lehrkräfte, die eine Qualifikation für Deutsch als Zweitsprache vorweisen oder innerhalb der ersten beiden Jahre erlangen müssen. Die Nachfrage nach den entsprechenden Zusatzqualifizierungen ist dementsprechend groß. Dafür finden enge Entwicklungs- und Abstimmungsprozesse zwischen den umsetzenden Bezirksregierungen, der LaKI und QUA-LIS, unter der Federführung der Bezirksregierung Köln statt. Erste Erfahrungen liegen schon jetzt aus allen Bezirksregierungen vor: Die Qualifizierungsmaßnahmen haben einen Umfang von 80 Unterrichtseinheiten. LehrerInnen können danach ihre Kompetenzen durch weitere modularisierte Fortbildungen ausbauen. Und zukünftig werden auch bereits tätige Lehrkräfte auf modularisierte Fortbildungsangebote der jeweiligen Kompetenzteams zugreifen können: Diese werden schulintern oder im Rahmen schulexterner Fortbildungen organisiert. Die Kommunalen Integrationszentren bieten regionalspezifisch schulexterne Qualifizierungsangebote zur Beschulung neu zugewanderter und geflüchteter Kinder und Jugendlichen sowie SchülerInnen mit Migrationshintergrund an. In einigen Kommunen werden von Kommunalen Integrationszentren Arbeitskreise eingerichtet und koordiniert.
Von Schulen können schulspezifische Beratung und Prozessbegleitung hinsichtlich interkultureller Unterrichts- und Schulentwicklung bei den ortsansässigen Kommunalen Integrationszentren angefragt werden. Dafür hat die Landesweite Koordinierungsstelle Kommunale Integrationszentren in bisher zwei Qualifizierungsdurchgängen BeraterInnen speziell für interkulturelle Unterrichts- und Schulentwicklung ausgebildet. Bis 2017 soll ein landesweiter Beratungs- und Unterstützungspool für interkulturelle Unterrichts- und Schulentwicklung in NRW aufgestellt werden. Hier wird zukünftig von einer engen Kooperation mit den SchulentwicklungsberaterInnen der Kompetenzteams ausgegangen.


Die Fragen für die nds stellte Sherin Krüger.

Foto: OksanaPhoto / photocase.de

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