Ein Umbau bei laufendem Unibetrieb

Lernraum Hochschule

Die Universität Bielefeld wird saniert und umgebaut – bei laufendem Betrieb. Eine Mammutaufgabe, die der Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) NRW als Eigentümer gemeinsam mit der Universität stemmen muss. Nina Kothy ist Referentin für Interne Kommunikation und Baukommunikation an der Universität Bielefeld. Im Interview erzählt sie, wie der Charakter der Uni erhalten bleibt und welche Herausforderungen dabei zu meistern sind.

nds: Die Universität Bielefeld ist wie viele andere NRW-Unis sehr alt und muss saniert werden. Welche Baumaßnahmen sind geplant?

Nina Kothy: Das mehr als 40 Jahre alte Hauptgebäude der Universität Bielefeld muss umfassend modernisiert werden. Die Anforderungen an Lehr-, Studien-, Forschungs- und Arbeitsbedingungen haben sich verändert, die Haustechnik ist veraltet, beim Bau der Universität wurden Schadstoffe verwendet und das Gebäude muss an neue Brandschutz- und Energieeinsparverordnungen angepasst werden – das sind die Hauptgründe für die Modernisierung. Bei einem der größten zusammenhängenden Gebäude Europas mit einer Nutzfläche von rund 145.000 Quadratmetern ist das eine Mammutaufgabe. Bauherr der Arbeiten ist der BLB NRW. Die Modernisierung des Hauptgebäudes ist nach aktuellen Planungen in sechs Bauabschnitte unterteilt.

Im Moment laufen die Arbeiten im ersten Bauabschnitt. Was passiert gerade im Universitätshauptgebäude?

Im aktuellen ersten Bauabschnitt läuft derzeit die Entfernung von Schadstoffen. Geplant ist die komplette Modernisierung von rund 30.000 Quadratmetern Nutzfläche sowie ein Anbau, in dem Büroräume und Seminarräume sowie unter anderem eine neue Cafeteria untergebracht werden. Auch der Haupteingang wird im ersten Bauabschnitt neu gestaltet.
Neben der Modernisierung des Hauptgebäudes baut die Universität aktuell ein Bürogebäude und ein neues Hörsaalgebäude. Gründe sind konstant hohe Studierendenzahlen sowie der Zuwachs bei den Professuren. Bei beiden Neubauten ist die Universität selbst Bauherrin. Außerdem haben wir ein weiteres Großprojekt in Aussicht: Die Uni Bielefeld bekommt eine Medizinische Fakultät. Auch dafür brauchen wir zusätzlichen Raum. Die Planungen für die notwendigen Flächen laufen gerade. Unser Ziel bei allen Bauprojekten ist es, sie auf dem Campus zu realisieren, um kurze Wege zu haben und das Gemeinschaftsgefühl zu stärken.

Wie lassen sich der laufende Hochschulbetrieb und der Umbau miteinander vereinbaren?

Für die Universität Bielefeld hat es Priorität, gute Studien-, Lehr-, Forschungs- und Arbeitsbedingungen zu bieten. Dafür sind Modernisierungen notwendig und wir nehmen Einschränkungen in Kauf, die sich durch die Baustelle ergeben. Insgesamt gibt es im Alltag aktuell aber wenig Probleme. Zu Beginn der Arbeiten mussten wir uns natürlich alle an die neue Situation gewöhnen – neue Räume, neue Wege, eine Baustelle im Gebäude –, aber mittlerweile hat es sich eingespielt. Durch ungewöhnliche Wege wollen wir das Beste aus der Bausituation machen. Beispielsweise haben wir die Bautrennwand, die sich auf fünfzig Metern durch die zentrale Halle zieht, von Graffitikünstlern besprayen lassen und nutzen diese Wand einmal im Semester als Kinoleinwand.

Die Modernisierung hat im November 2014 begonnen. Wie lief der Planungsprozess ab?  

Sowohl beim Bauherrn, dem BLB, als auch innerhalb der Universität gibt es viele Expert*innen, die die Modernisierung begleiten und planen. Die Nutzer*innen konnten Wünsche und Vorstellungen äußern. Ziel ist es, möglichst viele Interessen unter einen Hut zu bringen, auch wenn das manchmal eine Herausforderung ist. Natürlich müssen der BLB und die Uni dabei auch gesetzliche Vorgaben beachten und den Kostenrahmen im Blick behalten.

Wie sieht die Beteiligung der Beschäftigten und der Studierenden in der Praxis aus?

Ein kleines Beispiel ist die Universitätshalle: Sie hat sich durch die Bauarbeiten verändert, die Mensa ist in ein anderes Gebäude gezogen und ein Teil der Halle ist für die Bauarbeiten gesperrt. Dadurch hat der große Raum an Lebendigkeit verloren. Mit einer Befragung und einem Workshop sammeln wir momentan neue Ideen für die Universitätshalle. Daran können sich alle Studierenden und Beschäftigten beteiligen.
Sie machen den Umbau insgesamt sehr transparent. Es gibt sogar einen eigenen Twitter-Account, der die einzelnen Maßnahmen öffentlich macht. Warum haben Sie sich für diesen Weg entschieden?
Für die Universität ist es von zentraler Bedeutung, die Studierenden und Beschäftigten über die Arbeiten auf dem Laufenden zu halten. Dabei sind wir ehrlich und transparent, denn nur so erreichen wir größtmögliche Akzeptanz. Wir alle müssen mit den Einschränkungen umgehen, die eine Baustelle mit sich bringt. Wer sich für die Maßnahmen interessiert, sollte daher auch Informationen dazu bekommen. Dafür nutzen wir Soziale Medien genauso wie klassische Meldungen und für große Themen auch Veranstaltungen. Zudem gibt es eine Ansprechperson, an die sich die Beschäftigten und Studierenden bei Fragen oder Rückmeldungen wenden können.

Wie muss eine zukunftsfähige Hochschule gestaltet sein? Was müssen die Räumlichkeiten Ihren Erfahrungen nach bieten, damit Studierende und Lehrende sich in der Uni wohlfühlen und optimal lernen und lehren können?

Für uns spielen Kommunikations- und Begegnungsräume eine große Rolle. Die Universität Bielefeld hat eine ausgeprägte Kommunikationskultur. Das spiegelt sich auch in der außergewöhnlichen Architektur wider. Unser Hauptgebäude ist geprägt von einer rund 200 Meter langen zentralen Halle, die das „Herz“ der Universität bildet. Auch hier laufen Modernisierungsarbeiten. Eine Herausforderung ist es daher, die Halle als kommunikativen Raum zu behalten. Wir sind froh, dass die Planer*innen diesen Gedanken in den Umbauplanungen berücksichtigen.
Das lässt sich auch an bereits abgeschlossenen Projekten erkennen: 2014 hat die Universität neben dem Hauptgebäude einen Neubau eröffnet. Dadurch ist ein komplett neuer Außenbereich mit einem verkehrsberuhigten Boulevard und einer Rasenfläche entstanden. Durch die Architektur ist er zum kommunikativen Treffpunkt geworden. Zuvor hatte dieser Bereich keine große Bedeutung. Nun wird dort gearbeitet, eine Kaffeepause gemacht oder die Sonne genossen.

Was kostet der komplette Umbau? Und wann kann die Uni Bielefeld das Großprojekt abschließen?

Seit Mitte des Jahres sucht der BLB nach einem Generalunternehmer für den ersten Bauabschnitt. Parallel läuft die Entfernung der Schadstoffe. Geplant ist, dass Ende 2019 der Generalunternehmer mit den Arbeiten vor Ort beginnt. Der BLB kalkuliert das Auftragsvolumen für den ersten Bauabschnitt derzeit mit einem niedrigen dreistelligen Millionenbetrag.


Die Fragen für die nds stellte Jessica Küppers.

 

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