A13 und EG13 für alle Lehrer*innen: Gerechtigkeit kostet.
Was der Finanzminister für A 13 und EG 13 einplanen muss
Nach der verlorenen Landtagswahl bat die SPD-Landtagsfraktion um Übermittlung aller Dokumente, die das Finanzministerium für die Koalitionsverhandlungen von CDU und FDP zur Verfügung gestellt hat. In „Erfüllung dieser Informationsbitte“ wurden umfängliche Unterlagen zur Verfügung gestellt, darunter Zahlen zum „Mehrbedarf infolge Anhebung aller A-12-Planstellen im Schulbereich nach A 13“.
Zum Ritual in Tarif- und Besoldungsrunden gehört, dass beide Seiten rechnen und zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Gewerkschaften stellen dann gut begründet die Berechnungen der Arbeitgeber zu den Kosten der gewerkschaftlichen Forderungen infrage. In der Auseinandersetzung um eine verfassungsgemäße Besoldung in NRW scheint es geboten, die ministeriellen Zahlen zur Grundlage der gewerkschaftlichen Argumentation zu machen. Die CDU schreibt in ihrem Wahlprogramm, dass sie im Einvernehmen mit den Lehrer*innenverbänden einen Stufenplan erarbeiten wolle, der die Ungerechtigkeit in der Besoldung beseitigt, zu der auch das Ungleichgewicht bei der Vergütung von angestellten und verbeamteten Lehrer*innen gehört. Es erleichtert doch sicher den Beginn von Gesprächen mit dem CDU-geführten Finanzministerium, wenn die Berechnungsgrundlagen in einem zentralen Streitpunkt geklärt sind.
Besoldungserhöhung: Ein 20-Jahre-Plan nicht nur für die Grundschulen
Grundlage der Berechnungen sind die Stellenpläne. Im Landeshaushalt 2017 sind 53.149 Stellen für Lehrer*innen in der Besoldungsgruppe A 12 und 28.573 in A 13 ausgewiesen. Bei einer Anhebung aller Einstiegsämter auf A 13 Z wären diese Stellen sämtlich besser zu besolden. Der Anhebung auf A 13 Z würde also die Anhebung anderer Stellen auf A 14 folgen. Das Ministerium veranschlagt, dass 75 Prozent der Lehrkräfte nicht befördert im Eingangsamt verbleiben, 25 Prozent der Lehrkräfte werden einmal in ihrer Laufbahn befördert.
Dann wird kalkuliert, wie sich die zeitliche Abfolge gestaltet. Dabei wird unterstellt, dass der Bestand der Lehrkräfte innerhalb der nächsten 20 Jahre ausgetauscht wird. In diesen Jahren wird jeweils mit etwa 2.650 Neueinstellungen von Lehrer*innen in bisherigen A-12-Stellen und mit etwa 800 Stellenbesetzungen von Lehrer*innen in bisherigen A-13-Stellen gerechnet, die mit Masterabschluss und einem Referendariat von 18 Monaten ausgebildet wurden. Daher geht das Finanzministerium davon aus, dass der Endausbau der Besoldungserhöhung mit vollen Kosten in 20 Jahren erreicht ist.
In der Debatte um eine Reform der in Teilen verfassungswidrigen Besoldung in NRW wird häufig argumentiert, allein die Grundschule sei betroffen. Das muss überdacht werden, betrachtet man die Verteilung der Stellen auf die verschiedenen Schulformkapitel (Abb. 1): Im Haushalt 2017 stehen den 26.353 Planstellen in der Besoldungsgruppe A 12 im Grundschulkapitel immerhin 18.377 Stellen in den Kapiteln Haupt-, Real-, Sekundar- und Gesamtschule gegenüber. Die Zahl derjenigen Kolleg*innen, die sich in den unterschiedlichen Schulformen für die bessere Besoldung engagieren können, ist natürlich deutlich höher, da die Zahl der Beschäftigten aufgrund des hohen Teilzeitanteils die Zahl der Stellen deutlich übersteigt. Und engagieren müssen sich auch Tarifbeschäftigte, denn klar ist: Wenn A 12 zu A 13, wird EG 11 zu EG 13. Das regelt der Tarifvertrag.
Was kostet die verfassungsgemäße Besoldung und Versorgung?
Wenn die Landesregierung der Auffassung der GEW NRW folgt und die Besoldung der Lehrer*innen verfassungsgemäß gestaltet, bedeutet das natürlich einen finanziellen Mehraufwand. Was also wird es kosten? Bei der Berechnung des Finanziministeriums wurden die Beträge des Jahres 2017 zugrunde gelegt: Den Unterschied zwischen den Besoldungsgruppen A 12 und A 13 kalkuliert das Finanzministerium mit circa 5.600,- Euro pro Jahr, den zwischen A 13 und A 14 mit circa 5.000,- Euro. So ergeben sich perspektivisch in der letzten Ausbaustufe der Besoldungerhöhung 297.853.374,- Euro für die Anhebung von A 12 auf A 13 und von 67.492.321,- Euro für die Anhebung von A 13 auf A 14. Eine verfassungsgemäße Besoldung der im Dienst befindlichen Lehrer*innen erfordert also nach Berechnungen des Arbeitgebers Mehraufwendungen von 365.345.695,- Euro pro Jahr.
Das Finanzministerium hat den Vertreter*innen von CDU und FDP in den Koalitionsverhandlungen auch mitgeteilt, dass es mit der GEW NRW vereinbart ist, Musterverfahren durchzuführen, in denen nicht nur die Verfassungsmäßigkeit der Besoldung, sondern auch der Versorgung auf dem Prüfstand steht. Daher sind auch die Angaben zu den langfristig steigenden Pensionszahlungen interessant. Denn offensichtlich ist: Wer besser besoldet wird, hat auch Anspruch auf eine höhere Pension. Hier geht das Finanzministerium im Endausbau von 222.486.708,- Euro pro Jahr aus. Diese Gesamtsumme ergibt sich, wenn die Mehraufwendungen der Versorgung nach A 13 statt A 12 – 163.997.511,- Euro – und nach A 14 statt A 13 – 58.489.197,- Euro – addiert werden.
Folglich ergeben sich kalkulatorische Gesamtkosten in Höhe von 588.832.403,- Euro, die sich zu rund 62 Prozent aus dem Mehrbedarf bei der Besoldung und zu 38 Prozent aus dem Mehrbedarf bei der Versorgung ergeben (Abb. 2).
Rund 600 Millionen Euro – eine abschreckend hohe Summe? Handhabbarer erscheint dieser Betrag, wenn man den dahinterstehenden Zeitplan berücksichtigt. Das Finanzministerium hat die Mehrkosten aufgrund der Beschäftigung von Lehrer*innen berechnet, die mit Masterabschluss und einem Referendariat von 18 Monaten ausgebildet wurden. Daher wird ein Zeitraum von 20 Jahren zugrunde gelegt, bis der sogenannte Endausbau erreicht ist, zu dem alle in NRW beschäftigten Lehrer*innen nach neuem Recht ausgebildet sind. Das greift zu kurz. Die GEW NRW geht davon aus, dass auch die bereits im Dienst befindlichen Lehrkräfte mit der früher erforderlichen Ausbildung entsprechend eingruppiert werden, da deren Erfahrung in der Praxis dem Wert der jetzt erforderlichen Ausbildung entspricht. Berücksichtigt man auch diese Lehrer*innen, so erhöhen sich die Gesamtkosten pro Jahr im Endausbau nicht. Allerdings wird dieser Endausbau deutlich früher erreicht als in 20 Jahren – selbst unter Berücksichtigung eines Stufenplans wie ihn die CDU in ihrem Wahlprogramm ins Gespräch gebracht hat.
Prioritäten setzen, um den Lehrer*innenberuf aufzuwerten
Eine Kommission aus Expert*innen unter der Leitung von Bildungsforscher Prof. Dr. Jürgen Baumert schuf mit dem aktuellen Lehrerausbildungsgesetz, das 2009 von CDU und FDP durchgesetzt wurde, die Grundlage für eine gerechte Besoldung aller Lehrer*innen: Er schrieb der Politik ins Stammbuch, dass der Schritt überfällig sei, gleichrangige Lehrämter zu schaffen. In einer Landtagsanhörung führte Jürgen Baumert aus: „Er wurde aber bisher in keinem Bundesland vollzogen, was vor allem in der Sorge um die Folgen für das Besoldungsgefüge begründet lag.“ CDU und FDP wussten also sehr genau, was sie 2009 taten. Sie wussten in den Koalitionsverhandlungen 2017 auch sehr genau, was Grundgesetz und Landesverfassung erfordern. Und sie kannten die Kosten einer gerechten und verfassungskonformen Besoldung und entschieden sich dafür, sich von den Gerichten dazu zwingen zu lassen.
Ist es daher nicht utopisch, jetzt von ihnen eine Gesetzgebung zu fordern, die auf lange Sicht jährliche Mehrausgaben von etwa 600 Millionen Euro zur Folge hätte? Nein. Mit 1,265 Milliarden Euro Steuermehreinnahmen plant die Landesregierung im Nachtragshaushalt 2017. Und durch die Sparpolitik der letzten Jahre müssen die Beamt*innen in NRW jährlich auf mehr als zwei Milliarden Euro verzichten. Es wäre eine politische Kraftanstrengung, die einer richtigen und selbstverständlichen Prioritätensetzung folgen würde: Korrektur eines verfassungswidrigen Besoldungsrechts und langfristige Attraktivitätssteigerung des Lehrer*innenberufs in Zeiten dramatischen Lehrkräftemangels.
Michael Schulte
Geschäftsführer der GEW NRW
Foto: GabiPott / photocase.de
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