LOGINEO NRW: The next big thing?
LOGINEO NRW
Genau das soll LOGINEO NRW für die Schulkommunikation werden, wenn es nach den Verantwortlichen im Ministerium für Schule und Bildung (MSB) geht: ein ganz großes Ding. Nachdem die Hauptpersonalräte – mit Ausnahme des Realschulbereichs – eine Dienstvereinbarung mit dem Schulministerium abgeschlossen hatten, startete die digitale Arbeitsplattform für Schulen am 1. August 2017. Was müssen Lehrer*innen für die Arbeit mit LOGINEO NRW wissen?
LOGINEO NRW ist eine webbasierte Kommunikationsplattform für Schulen mit den grundlegenden Funktionalitäten einer Groupware – etwa E-Mail, Kalender und Adressbuch – und einem Cloud-Dateimanager zum Austausch von Informationen. Zusätzlich sind eine einfache Schulhomepagefunktionalität und der Zugriff auf learn:line NRW eingebunden. Der Fokus liegt auf rechtskonformer Verarbeitung digitaler Daten in schulischer Kommunikation und Organisation. Gehostet wird LOGINEO NRW auf den Servern des Kommunalen Rechenzentrums Niederrhein (KRZN).
Das Verfahren zur Einführung
Damit Schulen an LOGINEO NRW teilnehmen können, muss nach Zustimmung der Schul- und Lehrerkonferenzen der jeweilige Schulträger beauftragt werden. Nach der Überprüfung von Mindestanforderungen an die schulische Hardware übernimmt das Land NRW die entstehenden Kos-ten zur Nutzung durch Lehrer*innen und Schulverwaltungskräfte. Falls auch Schüler*innen eingebunden werden sollen, ist dies mit Kosten für die Schulträger verbunden. Dasselbe gilt auch für den geplanten Zugriff auf Drittprodukte, zum Beispiel digitale Klassenbücher, Lernmittel, Schulverwaltungssoftware oder Lernplattformen.
Die Hauptpersonalräte der Schulformen haben – mit Ausnahme des Hauptpersonalrats für Realschulen – mit dem MSB eine Dienstvereinbarung geschlossen, die auch nach der Einführung von LOGINEO NRW eine Evaluation und Möglichkeiten des Nachsteuerns vorsieht, etwa bei den Ressourcen der schulischen Administration oder den Prüfkriterien für die Einbindung von Drittprodukten. Der Hauptpersonalrat für Realschulen verfolgt das Mitbestimmungsverfahren mit dem Ziel, dass Realschulen LOGINEO NRW auf Dienstrechnern nutzen können. Die Nutzung eigener Geräte wird vorerst nur an bis zu 50 Pilotrealschulen möglich sein, über die Nutzung der E-Mail-Komponente entscheidet die jeweilige Lehrerkonferenz.
Die Dienstvereinbarung gibt unter anderem folgende wichtige Punkte vor: Die Nutzung von LOGINEO NRW durch Lehrkräfte ist freiwillig – das gilt auch für die Nutzung der eigenen Geräte –
und erfolgt auf Grundlage einer persönlichen Einwilligungserklärung. Nehmen Einzelne nicht teil, müssen die Informationen auf andere Weise zur Verfügung gestellt werden. Anbieter von Drittprodukten müssen sich verpflichten, den Datenschutzbestimmungen von Logineo NRW zu genügen. Auch Regelungen zum Schutz vor ständiger Erreichbarkeit wurden definiert. Also alles im grünen Bereich?
Rechtsgrundlagen und Datenschutz
Neu an LOGINEO NRW ist die allgemeine Verarbeitung von personenbezogenen Daten auf persönlichen digitalen Endgeräten in der Cloud und nicht mehr ausschließlich in Schulnetzwerken. Datenschützer*innen beklagen einen Eingriff in die Verordnungen für Datenverarbeitung an Schulen (VO-DV I und II), welche die gesetzliche Grundlage zur Verarbeitung von personenbezogenen Schüler*innen- und Lehrer*innendaten bilden und deren Änderung nach Aussage der damaligen Landesregierung für die Einführung von LOGINEO NRW notwendig wurde.
Schon jetzt ist klar: Diese Änderungen der VO-DV I und II bedeuten einen Paradigmenwechsel in der Datenverarbeitung an Schulen in NRW. Früher wurden sensible Daten von Schüler*innen –
etwa Fördergutachten und Noten – und von Lehrer*innen – beispielsweise Gutachten in der Ausbildung und bei Beförderungen – nur in Ausnahmefällen unter Einschränkungen oder nur auf dienstlichen Rechnern digital verarbeitet. Damit war Datenschutz durch Datensparsamkeit gewährleistet. Nun rückt durch LOGINEO NRW die Nutzung privater Endgeräte in all ihrer Vielfalt in den Vordergrund.
LOGINEO NRW auf privaten Endgeräten
Die Verarbeitung personenbezogener Schüler*innendaten auf privaten Endgeräten ist nach wie vor nur auf Antrag der Lehrkraft und nach Genehmigung durch die Schulleitung erlaubt, wenn die Schulleitung sicherstellt, dass die erforderlichen datenschutzrechtlichen Grundsätze eingehalten werden (§ 2 Abs. 2 der VO-DV I).
Ferner muss unter Mitarbeit der Lehrkraft ein Verfahrensverzeichnis erstellt werden, geregelt durch § 8 Datenschutzgesetz NRW (DSG NRW), das dem schulischen Datenschutzbeauftragten vorzulegen ist (§ 32 a DSG). Darin müssen unter anderem die technischen und organisatorischen Maßnahmen für einen Zugriffsschutz nachgewiesen und durch die Schulleitung überprüft werden. Diese Maßnahmen beinhalten beispielsweise eine Firewall, den Schutz mittels Passwort und aktuelle Virenschutzsoftware.
Von der Medienberatung NRW gibt es zwar begleitende Dokumente und Hilfestellung für die Erstellung eines Verfahrensverzeichnisses, jedoch stellt diese Regelung nach Meinung der Landesdatenschutzbeauftragten von NRW eine kaum zu erfüllende Aufgabe für die Schulleitungen dar. Wer soll die große Anzahl an Geräten mit ihren unterschiedlichsten Betriebssystemen, deren unterschiedlichen Versionen und unüberblickbaren Konfigurationen auf mögliche Einfallstore für Schadsoftware überprüfen und damit die Datensicherheit gewährleisten können? Eine Schulleitung könne auf dieser Grundlage keine Genehmigung aussprechen, meint auch die Landesdatenschutzbeauftragte Helga Block. Ein weiterer Kritikpunkt: Die schulischen Datenschutzbeauftragten betreuen durchschnittlich circa 100 Schulen. Die durch das Datenschutzgesetz geforderte Überwachung und Vorabkontrollen sind folglich kaum in der erforderlichen Tiefe leistbar und entsprächen dann eher einer Prüfung nach dem Grundsatz von „Treu und Glauben“.
Die Medienberatung NRW betont, dass LOGINEO NRW zum einen durch den Cloud-Zugriff mittels verschlüsselter https-Verbindung gewährleiste und zum anderen durch die Aufteilung des Cloud-Dateimanagers in zwei Bereiche: einen Bereich, in dem Lehrer*innen und Schüler*innen Lehr- und Lernmaterialien für den Unterricht austauschen können, und einen zweiten speziell gesicherten sogenannten Datensafe mit getrenntem Zugang und Passwort. Dort werden sensible Inhalte wie Notentabellen und Fördergutachten ausschließlich in einem Online-Editor in der Cloud bearbeitet und können nicht lokal gespeichert werden. Um all diese Sicherheitsmaßnahmen sicher umsetzen zu können, müssen jedoch die Nutzer*innen im täglichen Umgang mit den Daten sensibilisiert werden.
Verantwortungsvolle Weiterentwicklung
Die Einführung von LOGINEO NRW bietet mit ihren Unterstützungsangeboten eine Chance, den bisherigen Wildwuchs der Systeme an den Schulen zu beenden, um zu einem transparenten und datenschutzkonformen Umgang mit personenbezogenen Daten zu kommen. Die Diskussion um die Datensicherheit der privaten Endgeräte und die nicht erfüllbare Verantwortlichkeit der Schulleitungen könnte sehr schnell beendet werden, wenn sich die neue Landesregierung durchringen würde, einen konsequenten Schritt weiterzugehen: Die Bereitstellung sowohl von dienstlichen Endgeräten für Lehrkräfte und von Endgeräten zum Lernen für Schüler*innen würde die Akzeptanz bei Einführung des grundsätzlich begrüßenswerten Unterfangens LOGINEO NRW deutlich erhöhen.
Die Verantwortlichkeit für den datenschutzkonformen Umgang mit personenbezogenen Daten liegt bei den Schulleitungen und letztendlich bei den Lehrkräften. Rechtssicherheit und Datenschutz gibt es nicht zum Nulltarif – die Kolleg*innen müssen beteiligt, sensibilisiert und fortgebildet werden, damit sie ein grundlegendes Verständnis dafür entwickeln können, was Datenschutz für das tägliche Handeln in der Schule bedeutet.
Die Diskussion, ob sensible personenbezogene Daten als Standard in einer Cloud gespeichert werden müssen und nicht in einem abgeschlossenen Schulnetzwerk besser aufgehoben wären, sollte nicht beendet sein.
Die datenschutzrechtlichen Regelungen zum Erreichen der Datensicherheit bei Nutzung digitaler Endgeräte für den Zugriff auf LOGINEO NRW sind nur schwer rechtssicher handhabbar und überfordern Schulleitungen und Anwender*innen. Falls tatsächlich eigene Geräte genutzt werden sollen, müssten diese gegen unberechtigten Zugriff gehärtet werden. Das heißt, spezielle, vom eigentlichen Betriebssystem abgeschlossene Bereiche müssten auf dem Gerät eingerichtet werden, die ausschließlich dem Zugriff auf personenbezogene Daten dienen (Sandbox-Verfahren).
Eine sinnvolle Nutzung von LOGINEO NRW in Schulen geht über reinen Datei- und Informationsaustausch hinaus, denn für die Entwicklung und Begleitung medienpädagogischer Konzepte müssen ausreichend staatliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Dies gilt auch für die schulische Administration der Plattform.
Bei der Nutzung sonstiger Software – etwa Didaktischer Wizard, E-Klassenbuch oder elektronischer Stundenplan – müssen dieselben Standards für Datenschutz und Leistungs- und Verhaltenskontrolle gelten wie für LOGINEO NRW. Das MSB sollte eine Whitelist mit für die Schule zugelassener Software herausgeben.
Zum Schutz vor Arbeitsverdichtung und Verhaltenskontrolle müssen landesweit geeignete und mit den Personalvertretungen abgesprochene Rahmenmediennutzungsordnungen gelten. Die Schulen dürfen damit nicht alleingelassen werden.
Björn Rützenhoff
Mitglied der AG Digitalisierung der GEW NRW
Foto: Fotolia / besjunior
Vielen Grundschulen fehlt die IT-Ausstattung
An kleinen Schulen ist die IT-Ausstattung oft dürftig, Rechner werden kaum gewartet, schnelles Internet ist nicht verfügbar und der Schulträger will erst mal andere Schulen ausstatten. Ist LOGINEO NRW damit gestorben?
LOGINEO NRW sieht zwei unabhängige Nutzungsmöglichkeiten vor: Nach Beschluss der Lehrerkonferenz ist es möglich, LOGINEO NRW zunächst ausschließlich für die Kommunikation im Kollegium, die gemeinsame Arbeit an Konzepten und Unterrichtsplanungen sowie für die Erstellung von Schüler*innenbeurteilungen zu nutzen. Bereits hier gilt: Das individuelle Recht auf Nichtteilnahme muss respektiert werden. Die Einbeziehung von Schüler*innen ist immer erst der zweite Schritt.
Gutachten oder Berichtszeugnisse zu schreiben, Lernentwicklung zu dokumentieren, ist zeitaufwändig. Viele Kolleg*innen nutzen deshalb ihre eigenen Endgeräte dienstlich und erledigen diese Aufgaben zu Hause. Der kollegiale Austausch über WhatsApp und E-Mail ist vielerorts gängige Praxis. Daten-Safe und verbindliche Mediennutzungsordnung sind Fortschritte.
Wird LOGINEO NRW ausschließlich im Kollegium genutzt, so ist schnelles Internet am Schulstandort keine zwingende Voraussetzung, denn die Nutzung ist auch zu Hause oder unterwegs möglich. Die dafür notwendigen Arbeitsmittel jedoch sollte der Arbeitgeber bezahlen und auch die technischen Voraussetzungen für den Datenschutz gewährleisten. Für Grundschulen besteht zudem die kuriose Situation, dass sozialpädagogischen Fachkräften in der Schuleingangsphase die Verarbeitung personenbezogener Daten generell nur auf dienstlichen Geräten genehmigt werden darf. Zu einer dringend empfohlenen Auseinandersetzung mit LOGINEO NRW gehört es auch, selbstbewusst den Bedarf an IT-Ausstattung – etwa an dienstlichen Laptops – gegenüber dem Schulträger zu artikulieren.
Susanne Huppke
Mitglied im Leitungsteam der Fachgruppe Grundschule der GEW NRW
Eure Erfahrungen sind gefragt!
Die Datenschützer*innen und Personalräte der GEW NRW benötigen eure Hinweise zu den täglichen Erfahrungen mit LOGINEO NRW und anderer Software in der Schule. Bitte meldet euch unter bjoern.ruetzenhoff@gew-nrw.de
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