Arbeitsblätter: Struktur und Lesbarkeit sind das A und O
Kooperativen Unterricht mit Arbeitsblättern gestalten
Ein Unterrichtstag ohne Arbeitsblätter? Für die meisten Lehrkräfte ist das unvorstellbar. Doch auch wenn dieses Mittel schon häufig im Einsatz ist, kommt es bei der Gestaltung auf viele Kleinigkeiten an, damit die Materialien wirklich lerngruppen- und lesegerecht sind.
Sie lesen jetzt diesen Text. Sie tun es freiwillig, sie haben wenig Zeitdruck und können gut lesen. Aber wie ist das mit Lernenden? Wenn sie mit Texten umgehen, können sie in der Regel (noch) nicht gut lesen und wissen, dass nach der Unterrichtseinheit ein Ergebnis von ihnen erwartet wird. Gleichzeitig sollen sie selbstständig und kooperativ arbeiten. Wie können Lehrkräfte ihre Schüler*innen beim Lesen von Arbeitsblättern unterstützen? Wie können Sie das Texterfassen erleichtern und das Arbeiten fördern?
Der erste Eindruck zählt
Die meisten Menschen lesen Texte am liebsten in einer Schriftgröße, die sie in einem normalen Leseabstand von 50 bis 60 Zentimetern erfassen können. Sauberes, unzerknittertes Papier, ein klarer Aufbau und eine eindeutige Kopfzeile erleichtern das Lesen. Textwüsten und volle Blätter ohne Struktur und Gliederung schrecken hingegen ab! Warum sollte das bei Lernenden anders sein? Als Faustregel gilt: Je schwerer der Inhalt ist, desto lesbarer sollte das Blatt sein. Das gilt besonders für das selbstständige Arbeiten, das klare Schritte und Übersichtlichkeit erfordert. Sicherlich gibt es mal Ungeschicke, die einem Papier einen Stoßrand einbringen, aber Schriftgröße und Struktur bestimmt der /die Lehrende. Um die Natur zu schonen und möglichst wenig Papier zu verbrauchen, sollten Lehrkräfte die Rückseite nutzen oder mediale Alternativen suchen.
Kopfzeile sorgt für Orientierung
Die Kopfzeile kennzeichnet die Zugehörigkeit des Papiers zu einer Schule, einer Stufe oder einem Bildungsgang oder einer Klasse. Dieser Bereich könnte auch das Fach, die Unterrichtsreihe oder das Lernfeld sowie den Namen der Lehrer*innen und das Datum enthalten. Welche dieser Merkmale für das Arbeitsblatt relevant sind, entscheidet die Lehrkraft. Liegt in der Bildungseinrichtung ein eindeutiges Corporate Design vor, das in Form eines Logos genutzt wird – gegebenenfalls sogar in Farbe, wenn das Papier besonders wichtig ist – bemerken Lernende das.
Ein chronologisches Ordnungsschema im Kopf, beispielsweise die Zählung der Arbeits- oder Textblätter, ermöglicht eine leichtere Heftkontrolle. Icons in der Kopfzeile, die Zugehörigkeiten nicht nur lesbar, sondern auch losgelöst von der Sprache erkennbar gestalten, helfen allen Lernenden, nicht nur denen, die der Schriftsprache noch nicht mächtig sind. Auch hier gilt: Das Wesentliche ist entscheidend. Eine Überfrachtung lässt die Gestaltung unübersichtlich werden. Neben der Seitenzählung sind maximal vier weitere Merkmale sinnvoll.
Funktion des Blattes
Bis jetzt ist noch keine Unterscheidung zwischen Text- und Arbeitsblättern erfolgt. Die meisten in der Schule ausgegebenen Papiere werden eine Mischform sein: Sie enthalten eine Arbeitsaufgabe, die vor oder hinter den Sachtext oder die Literatur gestellt wird. Dies hängt von der Form des Arbeitsauftrags, den persönlichen Vorlieben und den Stundenritualen ab. Manchmal lohnt aber die Überlegung, ob eine Trennung von Arbeitsaufgabe und Text sinnvoll ist. Der zentrale Text bekommt so mehr Raum. Die Arbeitsaufgaben sind präziser für diese Unterrichtseinheit in dieser Lerngruppe abstimmbar und können mit den Schüler*innen zusammen entwickelt werden, ohne mit vorformulierten Aufgabenstellungen zu kollidieren. Natürlich können sie nicht aus der Tasche gezogen und für die Hausaufgabe ausgeteilt werden. Die Lernenden müssen solche Aufgaben zwar noch einmal abschreiben, können aber gleichzeitig darüber nachdenken, Unklarheiten erkennen und Fragen stellen.
Auf der Seite des Lehrenden hat das den Vorteil, dass Textblätter, die einmal gut gestaltet sind, in dieser Form nicht mehr verändert werden müssen und reproduzierbar sind.
Viele Mittel zur Textgestaltung
Der Text sollte in einer üblichen Schriftart geschrieben werden: Arial, Helvetica, Times New Roman, Ausnahme: Comic Sans Serif. Diese Schriften wirken seriös, sachlich und sind gut lesbar. Comic Sans Serif ist eine Comicschriftart, die diese Wirkung auch transportiert. Sie erscheint kindlicher, weniger sachorientiert und unterstreicht die emotional-humorvolle Ebene. Daher sollte sie auch nur zu diesem Zweck eingesetzt werden.
Für den Mengentext ist eine Schriftgröße von elf Punkt recht klein, sollte aber 14 Punkt für normalsichtige Leser*innen mit circa 60 bis 65 Zeichen in der Zeile nicht überschreiten. Die Arbeitsanweisung braucht eineinhalb Zeilen Abstand, Lesetexte sind in der Regel einzeilig geschrieben. Dennoch gilt es, je anspruchsvoller der Inhalt für die Lernenden ist, desto größer darf der Abstand sein. Der Zeilenzwischenraum kann dann für Schüler*innennotate, Kommentare und Übersetzungen genutzt werden.
Sinnabschnitte im Text werden durch Absätze gegliedert. Dabei sollte auch bedacht werden, wie ein Sinnabschnitt aus Schüler*innensicht aussehen könnte. Geübte Leser*innen können größere und komplexere Sinneinheiten erfassen und gedanklich verarbeiten. Der Inhalt der Texte ist für Lernende in der Regel neu. Deshalb darf ein Absatz auch kleiner ausfallen, was nicht bedeutet, dass jeder Satz ein Sinnabschnitt ist. Ein Text, der in Flattersatz gesetzt ist, erleichtert das Wiederfinden von Textpassagen. Die Randgestaltung ist markanter als im Blocksatz. Letzterer wirkt zwar ordentlich, ist aber nicht hilfreich für die Bearbeitung von Texten.
Die Überschrift ist zwei bis vier Punkt größer als der Mengentext. Sie darf gefettet, unterstrichen oder in einer anderen Schriftart gedruckt sein, sollte aber nicht die ganze Palette der Formatierungsmöglichkeiten abbilden.
Autor*innen sollten darauf achten, dass die Überschrift inhaltlich treffend, kurz und prägnant ist sowie die Fragestellung oder den Inhalt des Textes auch aus der Sicht des Lernenden zielführend wiedergibt. Die Überschrift ist die Eintrittskarte in den Text. Ist sie zu sperrig, haben die Lernenden schon aufgegeben, bevor sie den Text erreicht haben.
Die Quellennachweise, die aus urheberrechtlichen Gründen aufgeführt werden müssen, gehören in die Fußnote und dürfen zwei Punkt kleiner sein als der Mengentext. Textliche Entlastungen durch Sach- und Facherläuterungen sowie Worterklärungen gehören hingegen nicht in die Fußnote. Sind diese dort versteckt, finden die Lernenden sie nicht, weil sie zu klein und zu wenig im Blickfeld sind. Solche Bausteine brauchen einen festen Platz im Aufbau der Seite und sollten eine besondere Kennzeichnung durch einen Rahmen, Icons oder eine Farbigkeit, zum Beispiel ein helleres Grau, haben.
Arbeitsblätter brauchen Freiraum
Das Arbeitsblatt sollte offen gestaltet sein. Vielleicht bietet es auch Raum für die Resultate der Aufgaben oder deren Reinschrift. Es enthält Aufträge, Erläuterungen, Definitionen, Tipps, Grafiken und Abbildungen. Ziel sollte es sein, die Aufgabenstellung möglichst transparent und leicht erfassbar zu gestalten.
Bestenfalls folgt der Aufbau einem roten Faden: vom Wesentlichen zum weniger Wichtigen, vom Großen zum Kleinen, von der Großstruktur zur Feinstruktur. Hilfreich ist es, ein Layout zu entwickeln, das feste Plätze für bestimmte Angaben vorsieht und das sich immer wieder verwenden lässt. Die Lernenden stellen sich darauf ein und sie benötigen weniger Arbeitszeit. Lernorganisator*innen von kooperativen Lernprozessen geben eine Struktur vor, die zu den Aufgaben passt: Think-Aufgabenstellungen mit Icon bilden einen Abschnitt, Pair-Aufgabenstellungen mit einem entsprechenden Gesprächsicon – zum Beispiel das Tischgruppengespräch mit einer weiterführenden Aufgabenstellung – einen anderen.
Ein eindeutiges Layout ermöglicht einen transparenten Aufbau der Stunde. Wenn es sehr klar strukturiert ist und immer wieder verwendet wird, prägt sich die Vorgehensweise bei den Schüler*innen ein. Nummerierungen unterstützen stringente, chronologisch abzuarbeitende Arbeitsschritte, ebenso kleine Icons, die mit den Operator*innen der Tätigkeiten im Einklang stehen. Bei der Motivwahl ist weniger wichtig, ob sie schön, niedlich oder aufwendig sind. Wesentlich ist ihre eindeutige Erkennbarkeit. Schlichte, einfache Icons sind in der Regel hilfreicher, da sie auch bei schlechter Kopierqualität ihre hohe Kontrastwirkung behalten. Schwarze Buchstaben, Zahlen und Zeichen auf hellem Untergrund sind von entscheidender Bedeutung für die Lesbarkeit der Texte. Die Ermüdung der Augen bei ungünstigen Lichtverhältnissen durch seitlichen Lichteinfall in Klassenräumen, flackernde Leuchtstoffröhren oder die Schattierungen auf dem Papier wird oftmals unterschätzt.
Marayle Küpper
Lehrerin für Gestaltungstechnik und Deutsch, Fachleiterin Gestaltungstechnik am ZfsL Düsseldorf, Moderatorin für Kooperatives Lernen am Green-Institut Rhein-Ruhr
Dr. Petra Regina Moog
Leitung der Sophia::Akademie Düsseldorf, Schulentwicklungsbegleiterin und Schulbauberaterin, Dozentin für Begabungsförderung am CCB Düsseldorf
Foto: Fotolia / smolaw11
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