Schwarz-gelbe Hochschulpolitik: Die GEW NRW bleibt auf Kurs
Koalitionsvertrag der neuen Landesregierung
Nach dem überraschenden Ausgang der Landtagswahl in NRW haben sich CDU und FDP zügig auf einen Koalitionsvertrag verständigt. Für den Hochschulteil war die politische Schnittmenge der beiden Wahlprogramme groß, in den Koalitionsverhandlungen gab es kaum Dissens. Nun sind die hochschulpolitischen Ambitionen der schwarz-gelben Koalitionäre auf rund sechs Seiten beschrieben. Anders als beim Regierungsantritt 2005 wird diesmal die CDU die Leitung des Wissenschaftsministeriums übernehmen.
Ein Blick zurück: Mit dem Hochschulzukunftsgesetz der rot-grünen Landesregierung ist die GEW NRW ihren gewerkschaftlichen Zielen ein gutes Stück nähergekommen. Zwar konnte sie Rot-Grün für eine zentrale beschäftigungspolitische Forderung nicht gewinnen: die Rückkehr der akademischen Mitarbeiter*innen und die Beschäftigten aus Technik und Verwaltung in den Landesdienst.
Von der Hochschulzukunft ...
Gleichwohl hat die Bildungsgewerkschaft in der vergangenen Legislaturperiode in stetem Dialog und engem Kontakt mit Wissenschaftsministerin Svenja Schulze, dem Ministerium für Wissenschaft und Forschung und den Mehrheitsfraktionen des Landtags viele Verbesserungen für Studierende und für das Hochschulpersonal erreicht: Die Studiengebühren wurden abgeschafft, das Teilzeitstudium gestärkt, der Zugang für Studierende ohne Abitur erleichtert. Gleichstellung und Gute Arbeit wurden wichtige Themen, der „Rahmenkodex für gute Beschäftigung“ im Hochschulzukunftsgesetz verankert und die demokratische Steuerung der öffentlichen Bildungseinrichtung Hochschule wurde gestärkt. Stehen all diese Reformen, für deren Ausbau die GEW NRW sich eingesetzt hat, jetzt wieder zur Disposition?
... zurück zur Hochschulfreiheit?
Wie zu erwarten setzt die neue Koalition auf die Reanimierung des Hochschulfreiheitsgesetzes. Befreit von zentraler Steuerung und unnötigem bürokratischem Aufwand – so zu lesen im Koalitionsvertrag – entfalten die Hochschulen ihre Potenziale. Rahmenvorgaben, Durchgriffsrechte des Ministeriums auf das Hochschulmanagement, Zivilklauseln in den Grundordnungen der Hochschulen sowie Vorgaben des Landeshochschulentwicklungsplans sind für die künftige Landesregierung verzichtbar und sollen umgehend wieder abgeschafft werden. Mit der „wieder entfesselten“ Kraft der Hochschulen soll die Erneuerung des Landes NRW auf den Weg gebracht werden.
In der Frage der Hochschulfinanzierung durch allgemeine Studiengebühren konnte sich die FDP nicht durchsetzen – nicht zuletzt weil sich hier im außerparlamentarischen Raum sehr schnell politischer Widerstand formiert hat. Stattdessen werden wie in Baden-Württemberg Studierende aus sogenannten Drittstaaten zur Kasse gebeten. Dies ist nicht nur diskriminierend, sondern auch ein fatales Signal für den auf Internationalität setzenden Wissenschaftsstandort NRW.
Keine neue Idee ist die geplante Verstetigung der Hochschulpaktmittel im Umfang von 250 Millionen Euro. Schwarz-Gelb hegt die Erwartung, dass dadurch zusätzliche und verlässliche Beschäftigungsverhältnisse
geschaffen werden, ohne dabei die „Notwendigkeit flexibler Beschäftigungsmöglichkeiten im Wissenschaftssystem vernachlässigen zu müssen“. Man darf gespannt sein, wie künftig attraktive Arbeitsbedingungen und eine neue Vergütungsstruktur an den Hochschulen des Landes aussehen werden, damit dort „Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit Weltrang lehren und forschen“.
Ambitioniert, aber vage
Insgesamt lässt sich auf den ersten Blick feststellen: Hinsichtlich der Gestaltung der Arbeitsbedingungen für das Hochschulpersonal klingt der Koalitionsvertrag häufig ambitioniert, bleibt aber sehr vage. Ebenso verhält es sich mit den geplanten Verbesserungen der Studienbedingungen und Studienqualität. CDU und FDP wissen: Für die Verbesserung der Qualität der Lehre und der Studienbedingungen sind zusätzliche finanzielle Ressourcen unerlässlich. Jedoch stehen alle geplanten Maßnahmen noch unter Finanzierungsvorbehalt. Es wird sich zeigen, was Anspruch und Wirklichkeit schwarz-gelber Hochschulpolitik ist – auch in finanzieller Hinsicht.
Die Bedingungen für die gewerkschaftlichen Aktivitäten mögen sich unter der neuen Landesregierung verändern. Die Ziele sind die gleichen geblieben: gute Beschäftigungsbedingungen mit Dauerstellen für Daueraufgaben und planbare Karrierewege, Stärkung von Partizipation und Mitbestimmung, gebührenfreies Studium mit besseren Betreuungsrelationen und mehr Studienqualität, Ausbau der Grundfinanzierung und Verstetigung von befristeten Paktmitteln. Die GEW NRW bleibt auf Kurs!
Berthold Paschert
Referent für Hochschule und Forschung der GEW NRW
Foto: pollography / photocase.de
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