Wie kann Inklusion in allen Schulformen gelingen?
Besseres Gemeinsames Lernen
Ein Doppelsystem, das Gemeinsames Lernen an Regelschulen und den Fortbestand der Förderschulen vorsieht, verbraucht unverhältnismäßig viele Ressourcen. Für gelingende Inklusion muss die Landesregierung jetzt die richtigen Weichen stellen.
Während die Stellenbesetzung der Förderschulen weiterhin pro Kopf nach der Schüler*innen-Lehrer*innen-Relation berechnet wird und zu kleinen Lerngruppen führt, was auch nötig ist, werden die Regelschulen bisher mit einem Budget abgespeist, das völlig intransparent zustande kommt. Es ist bei Weitem nicht auskömmlich und berücksichtigt die tatsächlichen Verhältnisse der Einzelschule höchstens im Ansatz. Die Umbenennung des Budgets durch die neue Landesregierung in ein Kontingent stellt noch keine Verbesserung der Situation dar.
Keine Rückmeldung auf Forderungen
Zusammen mit der GEW NRW, der Gemeinnützigen Gesellschaft Gesamtschulen NRW (GGG) und der Landeselternschaft der integrierten Schulen (LEiS) in NRW hat die Schulleitungsvereinigung der Gesamtschulen in NRW (SLV-GE NRW) in zwei Papieren im Herbst 2017 und Frühjahr 2018 dem Schulministerium und den politischen Parteien die gemeinsamen Vorstellungen dargelegt. Eine schriftliche Reaktion gab es bislang nicht, obwohl die Initiator*innen das Thema in vielen Gesprächen mit den Verantwortlichen anbringen konnten und auf Verständnis gestoßen sind. Bisher gibt es wenig Bewegung, kaum Konkretisierung und keine wegweisenden Erlasse, obwohl die Landesregierung die Umsetzung der Inklusion qualitativ verbessern will, was sehr zu begrüßen ist.
Da eine beachtliche Zahl von Gesamtschulen, Hauptschulen und einige Realschulen sowie wenige Gymnasien von 2005 bis 2014 Erfahrung mit dem Gemeinsamen Lernen von zieldifferenten Kindern und Regelkindern in „integrativen Lerngruppen“ machen konnte, leitet die SLV-GE NRW aus den positiven Erfahrungen Rahmenbedingungen ab, die für eine gelingende Inklusion in der Fläche nötig sind.
Verbesserung der Rahmenbedingungen für inklusive Schulen
- Inklusion braucht größere Klassenräume und gut erreichbare Zusatzräumlichkeiten. Trotz des grundsätzlichen gemeinsamen Unterrichts macht es Sinn, zeitweise mit Teilgruppen in kleinere Räume zu gehen. Dafür müssen die Schulträger in ihren Schulentwicklungsplänen einen größeren Raumbedarf als bisher ausweisen.
- Bildung im digitalen Zeitalter bietet besondere Chancen für Förderkinder. Diese benötigen mehr und besondere Ressourcen für geeignete Endgeräte und spezielle Software.
- Qualitativ gute Inklusion benötigt Fortbildung und Zeit für das gesamte Kollegium. Sonderpädagog*innen und Regellehrer*innen an einer Schule müssen Zeit für gemeinsame Fortbildung und regelmäßige Absprachen haben.
- Schulen an schwierigen Standorten benötigen sofort mehr Ressourcen. Unabhängig von der Schulform sind mehr Unterstützung und Ressourcen für kleine Lerngruppen und geeignetes Personal notwendig. Die Forderung lautet: maximal 20 Schüler*innen pro Klasse, einschließlich maximal fünf Schüler*innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf und generelle Doppelbesetzung.
In der Vergangenheit wurde versäumt, rechtzeitig für geeignetes Personal zu sorgen, insbesondere Sonderpädagog*innen fehlen. Das ist nicht ad hoc zu verändern, aber die Landesregierung muss jetzt für mehr Studienkapazitäten für Sonderpädagog*innen sorgen, kurzfristige Übergangsmaßnahmen einleiten, die nicht auf Dauer die Stellen für das Fachpersonal blockieren. Zudem müssen Ressourcen ausgewiesen werden, auch wenn das Personal nicht auf dem Markt ist.
Inklusion kann gelingen. Dazu sind aber enorme Anstrengungen seitens des Ministeriums für Schule und Bildung und vielleicht auch unliebsame Entscheidungen nötig. Viele Kollegien sind am Rande der Belastbarkeit und Eltern erwarten gute Lernbedingungen. Sie hoffen, dass die Versprechungen der Landesregierung zur qualitativen Verbesserung der Inklusion Früchte tragen.
Dr. Mario Vallana
Landessprecher der Schulleitungsvereinigung der Gesamtschulen in NRW
Foto: onemorenametoremember / photocase.de
Inklusiver Unterricht
Rechtsanspruch
Mit dem 9. Schulrechtsänderungsgesetz von 2013 hat die rot-grüne Landesregierung die UN-Behindertenrechtskonvention umgesetzt und einen Rechtsanspruch auf inklusiven Unterricht erlassen. Seitdem gilt für Eltern von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf grundsätzlich die Wahlfreiheit, ihr Kind an einer Regelschule mit Gemeinsamem Lernen oder an einer Förderschule anzumelden.
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