Die GEW NRW weiterentwickeln: Rettet die Strahlkraft!

Organisationsentwicklung in der Bildungsgewerkschaft

Entwicklung heißt das Thema. In welche Richtung? Auf jeden Fall nach vorne. Eine Organisation wie die GEW muss sich ändern. Sonst ändert sie die Zeit. Organisationsentwicklung ist ein Prozess, nie ein Ziel.

Ansagen wie „Mehr soziale Gerechtigkeit!“ führen zur Sprechblase und dann ins Abseits. Wie war nochmal der Spruch von Martin Schulz zur Bundestagswahl 2017? Zerbröselt auf der Zunge, zerbröselt im Hirn. Der ist so allgemein, der führt zu nichts. „Zeit für mehr Gerechtigkeit.“ Ach ja, na klar – und dann? Fragen, die die GEW beantworten kann.

Was wollen die Leute eigentlich von uns?

Wer als GEW Ideen für die Zukunft entwickelt, wer werteorientiert arbeitet, dem gehört das Morgen. Wer sich in Kreisverbänden, Bezirksvorständen und Fachgruppen strukturiert und dies nach außen kommuniziert, schafft Leiden, keine Leidenschaft. Zu oft bezieht sich das Angebot der Gewerkschaften auf die Erfolge der Vergangenheit. Dabei wird auf „Sicherheit“ großen Wert gelegt: Schlüsselversicherung und Rechtsschutz lassen grüßen. Können wir damit auf dem Meinungsmarkt von morgen überleben?
Wer kommt aus welchen Gründen zu uns? Das zu wissen, wäre spannend und würde das Handeln einfacher machen. Wer Neue gewinnen will, kann sich auf die Traditionen beziehen. Wer sich darauf zurückzieht, ist verloren. „Früher war alles besser.“ Solche Sätze gehören für junge Menschen in die Sprachschatzkiste ihrer Großeltern. Wer die Berufswelt mit der Lebenswelt verknüpft, gewinnt. Und beide Welten werden zunehmend digital. Deshalb nehmen wir die neuen Herausforderungen an, machen Gewerkschaften digital erlebbar. Hier können wir unsere Geschichten erzählen.

Wie begeistern wir andere – und uns selbst?

Wenn das Ehrenamt (Was für ein Wort!) Themen findet, die Menschen begeistern, dann haben wir eine Chance auf eine Zukunft. Wenn wir verharren in Worthülsen, dann verlieren wir das Ehrenamt und die GEW. Wir müssen dringend die lokalen Gremien stärken, die sich mit den Themen der Menschen beschäftigen. Oft erlebe ich eine Struktur, in der die Gewerkschaft als Besserwisserin auftritt. Zuhören war nie eine unserer Stärken. Unsere Kraft zu Veränderungen, unser Wille zu Innovation und unser Mut, etwas zu probieren – all das zeichnet eine lebendige Gewerkschaft aus. Detlef Wetzel von der IG Metall drückte es seinerzeit so aus: „Wir müssen wieder Strahlkraft entwickeln.“ Doch die wird oft von Organigrammen verschüttet und kann nicht mehr ans Tageslicht kommen. Die Strahlkraft stirbt.
Das ist schade, weil es diese Kraft gibt. „Früher haben wir probiert und experimentiert. Heute“, sagt mir ein Kreisvorsitzender, „schaue ich vorher in alle Richtungen, ob wir uns das inhaltlich leisten können.“ Wo bleibt die Neugier? Die Gier auf Neues? Ich glaube, die Organisation muss sich ständig selbst begeistern, dann strahlt sie auch. Vielfalt zu fördern und Frauen nach vorne zu bringen, kann dabei zum Beispiel helfen. Die Kultur der Veränderung wird ständige Begleiterin. Denn die Kultur bestimmt das Tempo, das Miteinander und das Image der GEW.

Der Mensch hinter der Leistung zählt

Die Menschen finden Gewerkschaften sinnvoll, wenn sie ihnen etwas nutzen. Lange dachten wir, dass wir überzeugen, indem wir ihnen unseren beeindruckenden Leistungskatalog zeigen. Heute zählt aber nicht mehr die Organisation, sondern der Mensch, der anderen einen Nutzen anbietet. Greta Thunberg ist ein hervorragendes Beispiel dafür: ein Mensch, eine Idee, eine Bewegung.
Das alles kann Organisationsentwicklung leisten. Besser werden, ohne Besserwisser*in zu werden, das ist das Ziel. Entwickeln und leben statt sterben. Keine dramatischen Bilder mit Uhren, die 5 vor 12 zeigen, keine Särge und keine Schutzschirme. Bilder und Texte, verbunden mit Zukunft und Projekten machen eine starke Gemeinschaft aus.


Michael Rasch
begleitet Gewerkschaften und andere Organisationen als Trainer und Ideengeber in Veränderungsprozessen.

www.krabbenpulen.com

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