Guter Wille allein reicht nicht
Recht auf Bildung für Geflüchtete
„Für alle Menschen, die nach Deutschland zuwandern, muss der Zugang zu Bildungsangeboten passend zu ihrem Lern- und Bildungsstand und ihren sonstigen Voraussetzungen gewährleistet werden – unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus“, fordert die GEW. Es müssen alle Anstrengungen unternommen werden, um die Integration der jungen Menschen und Erwachsenen zu ermöglichen. Doch dafür brauchen Schulen und Weiterbildungseinrichtungen mehr als die Überzeugung „Wir schaffen das.“ – sie brauchen handfeste Unterstützung.
Wenn 40.000 zusätzliche junge Menschen zwischen sechs und 18 Jahren im Jahr 2015 nach NRW gekommen sind und für 2016 mit derselben Zahl gerechnet wird, dann brauchen wir mehr Unterstützung als sie bisher vorhanden ist. Rückmeldungen aus Schulen in ganz Nordrhein-Westfalen bestätigen: Die Gruppen in den eingerichteten Vorbereitungsklassen sind zu groß und die direkte Aufnahme in die Regelklassen überfordert oft die nicht vorbereiteten Lehrkräfte. Es fehlt an Räumen und an geeignetem Unterrichtsmaterial. Es fehlen Plätze an Ganztagsschulen oder im offenen Ganztag der Grundschulen. Es fehlen Fortbildungen innerhalb der Arbeitszeit.
Schulen brauchen mehr Unterstützung
Zwar sind im September 2015 vom Landtag 2.625 zusätzliche Stellen bewilligt worden, um den Unterricht geflüchteter Kinder und Jugendlicher sicherzustellen. Doch die Schulen brauchen mehr:
- Wo Vorbereitungsklassen gebildet werden, darf eine Gruppengröße von zwölf SchülerInnen je Gruppe nicht überschritten werden. Außerdem muss eine Doppelbesetzung gewährleistet sein, das heißt, pro Gruppe muss eine ganze statt nur einer halben Stelle eingerichtet werden.
- Bei direkter Integration in die Regelklasse müssen den Schulen ebenfalls zusätzliche Stellenanteile zugewiesen werden; damit können die Klassen entweder verkleinert oder gesonderte Sprachförderstunden erteilt werden.
- Wir brauchen nicht nur eine Initiative für den sozialen Wohnungsbau, sondern auch eine Schulbauinitiative. Dafür müssen die Kommunen Geld vom Land bekommen. Die Aufhebung des Kooperationsverbotes ist zwingend erforderlich, da sich – ebenso wie beim weiteren Ausbau der Schulen zu Ganztagsschulen – auch der Bund daran beteiligen muss.
- Unterrichtsmaterial für den Unterricht mit geflüchteten Kindern und Jugendlichen muss neben den üblichen Schulbüchern den Schulen zur Verfügung gestellt werden.
- Fortbildungen, die beispielsweise von den Kommunalen Integrationszentren angeboten werden, müssen auf die Arbeitszeit der KollegInnen angerechnet werden.
Die Stimmung nicht kippen lassen!
Für die GEW NRW ist klar: Wir beteiligen uns nicht an einer Debatte anderer Verbände, die beklagen, dass die „ansässigen“ Kinder jetzt zu wenig Förderung erfahren. Wir bedienen nicht den „rechten Rand“. Geld ist in unserer Gesellschaft genug da und alle Kinder haben ein Recht auf Förderung. Unsere Gesellschaft kann einen Zuwachs von jungen Menschen dringend gebrauchen. Wir müssen deshalb alles daransetzen, dass die Integration der Geflüchteten in unsere Gesellschaft gelingt.
Der Landesvorstand der GEW NRW hat zum Thema einen umfassenden Antrag für den Gewerkschaftstag im April 2016 eingebracht. In dem Antrag geht es neben den schulischen Anforderungen auch um individuelle Bildungsangebote für Erwachsene, um eine Verlängerung des Rechts auf Schulbesuch bis zum 25. Lebensjahr sowie um eine umfangreiche psychologische und sozialtherapeutische Betreuung der häufig schwer traumatisierten Geflüchteten aller Altersstufen. Wir brauchen außerdem eine unbürokratische Anerkennung von Schulabschlüssen und beruflichen Qualifikationen, die Geflüchtete bereits in den Herkunftsländern erworben haben. Es kann nicht sein, dass die Anerkennung einer Sprache als Fremdsprache daran scheitert, dass entsprechend ausgebildete PrüferInnen fehlen.
Kippt jetzt die Stimmung? Nein, wenn alle Anstrengungen zur Integration der geflüchteten Menschen unternommen werden und die ehren- wie hauptamtlich arbeitenden KollegInnen in den Schulen und anderen Bildungseinrichtungen mit ihrem Engagement die notwendige Unterstützung erfahren.
Dorothea Schäfer
Vorsitzende der GEW NRW
Foto: Drivepix / fotolia.com
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