„Ich muss und will Personalrätin für alle sein.“

Personalratsarbeit

Wie können Personalräte speziell junge Kolleg*innen im Referendariat und beim Berufsstart unterstützen? Und warum ist es wichtig, dass auch junge Lehrer*innen im Personalrat mit anpacken? Jana Koch ist Sonderpädagogin an einer Grundschule – und mit nur 32 Jahren schon Vorsitzende des örtlichen Personalrats im Oberbergischen Kreis. Sie erzählt, was sie antreibt und warum ihr der Generationendialog am Herzen liegt.

nds: Du bist Personalrätin an der Grundschule. Mit welchen Themen kommen insbesondere die jungen Kolleg*innen zu dir?

Jana Koch: Das ist sehr breit gefächert, aber es gibt natürlich Schwerpunkte. Gerade die jungen Kolleg*innen beschäftigen alle Themen rund um die Familiengründung: Mutterschutz und Elternzeit sowie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, zum Beispiel Teilzeitkonzepte, Kinderbetreuung, aber auch Pflege von Angehörigen. In Zeiten des Lehrkräftemangels kommen Abordnungen und Mehrarbeit hinzu, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erschweren.
Aktuell geht es häufig um den Umgang mit hoher Arbeitsbelastung und auch Versetzungswünsche sind mittlerweile häufiger Beratungsinhalt. Die Kolleg*innen wollen gerne wohnortnah eingesetzt werden, haben aber nur sehr geringe Chancen, aus ihrem Schulamtsbezirk weg versetzt zu werden, weil sie aufgrund des Lehrkräftemangels keine Freigabe bekommen. Dienstliche Beurteilungen sowie Rechte und Pflichten von Beamt*innen sind ebenfalls immer wieder Thema.

Gibt es ein Thema, das dir ganz besonders am Herzen liegt?

Am wichtigsten ist mir die alles überspannende Fürsorgepflicht, die das Land als Arbeitgeber gegenüber seinen Lehrkräften hat. Diesen Grundgedanken muss der Personalrat immer vehementer vertreten und einfordern. Die Erhaltung der Gesundheit der Beschäftigten und ein menschenwürdiger Umgang miteinander sind ein hohes Gut, das wir verteidigen müssen. Es kann nicht sein, dass Lehrkräfte nur noch als verschiebbare Masse mit Arbeitskraft angesehen und behandelt werden.

Du gehörst selbst zu den jungen Kolleg*innen. Inwiefern hilft dir das als Personalrätin?

Als so junge Vorsitzende des Personalrats musste ich mir gegenüber den älteren Kolleg*innen schon erst einmal meinen Stand erarbeiten. Das funktioniert vor allem über Kompetenz, aber auch über ein hohes Maß an Empathie. Ich muss und will Personalrätin für alle sein. Dabei hilft es mir sehr, dass ich noch nah dran bin an den Referendar*innen und selbst noch fast zu den Berufseinsteiger*innen zähle, aber auch schon vielfältige Erfahrungen sammeln konnte und älteren Kolleg*innen gut zuhöre.
Das Referendariat ist eine ganz besondere, anforderungsreiche Zeit mit viel Stress und auch der Berufseinstieg bringt viel Neues mit sich, vor allem in der Organisation des Alltags und der Weiterentwicklung der Lehrer*innenpersönlichkeit. Ich versuche, die Kolleg*innen fachlich fundiert zu beraten, lasse aber auch häufig eigene Erfahrungen mit einfließen. Wenn ich dabei eine gute Mischung finde, kann ich den Kolleg*innen ein niederschwelliges Angebot machen. Sie sollen sich nicht erst melden, wenn es schon fast zu spät ist, sondern uns als Unterstützung in vielen Lebenslagen wahrnehmen.

Apropos niedrigschwellig: Die Mitarbeit im Personalrat schreckt viele junge Kolleg*innen ab: „Kann ich das überhaupt? Und woher soll ich die Zeit nehmen?“ Wie sehen deine eigenen Erfahrungen aus?

Für die Personalratstätigkeit gibt es Entlastungsstunden, die ich für Sitzungen, Geschäftsführung und Beratungstermine flexibel nutzen kann. Und wegen der Kompetenz muss sich wirklich niemand Sorgen machen: Als Mitglied der GEW habe ich schon früh Einblick in die gewerkschaftliche Arbeit, die Themen und Inhalte bekommen. Das hat mir sicherlich sehr geholfen, aber ein bestimmtes Vorwissen ist keine Voraussetzung, um Personalrät*in zu werden. Am wichtigsten ist: Der Personalrat ist ein großes Gremium und nicht jede*r muss alles können und wissen. Es reicht für den Einstieg, interessiert und offen für Neues zu sein. Gerade in den Sitzungen und im Austausch mit den anderen Mitgliedern lernt man sehr schnell sehr viel dazu. Die GEW bietet außerdem viele Fortbildungen für Personalräte an, in denen man sich das Grundhandwerkszeug aneignen und weitere Kontakte knüpfen kann.

Wünschst du dir mehr junge Personalrät*innen?

Ja, unbedingt! Ich fänd es toll, wenn sich mehr junge Kolleg*innen für den Personalrat interessieren würden. Das ist aber nicht mein Hauptgedanke. Ich bin überzeugt, dass alle Beschäftigten sich durch den Personalrat gut vertreten fühlen müssen – egal wie jung oder wie alt sie sind. Wir brauchen einen Generationendialog, damit wir vorhandenes Wissen nutzen und neue Kompetenzen und Interessen einbeziehen können.


Die Fragen stellte Anja Heifel-Rohden.

Foto: privat

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