Grundschule: Der Masterplan muss liefern!

Für bessere Arbeitsbedingungen in der Primarstufe

Für Anfang 2019 hat das Schulministerium einen Masterplan für die Grundschulen in NRW angekündigt, um die Bildungsqualität in der Primarstufe zu stärken. Doch mit schlechten Arbeitsbedingungen wird das nicht funktionieren. Was sich für die Kolleg*innen an Grundschulen verbessern muss, erklärt Susanne Huppke von der Fachgruppe Grundschule der GEW NRW.

nds: Was belastet die Kolleg*innen an Grundschulen am meisten?

Susanne Huppke: Die Zahl der Pflichtstunden ist zu hoch. Viele Aufgaben sind in den letzten Jahren hinzugekommen, von der Umsetzung der Inklusion über Dokumentationspflichten bis zur Digitalisierung. Besonders problematisch ist, dass es an Grundschulen praktisch keine Anrechnungsstunden gibt. Wenn der Lehrerrat und die Ansprechpartnerin für Gleichstellungsfragen ihre gesetzlichen Ansprüche auf angemessene Entlastung geltend machen, bleiben keine Stunden übrig, um unterrichtliche Belastungen oder außerunterrichtliche Aufgaben auszugleichen.
Kolleg*innen in Teilzeit engagieren sich häufig überproportional bei außerunterrichtlichen Aufgaben. Eine faire Entlastung erfordert deshalb auch für diese Gruppe zusätzliche Anrechnungsstunden. Die Belastungsobergrenze ist bei Teilzeitkräften ebenso wie bei Vollzeitkräften erreicht.

Mehr Anrechnungsstunden – ausgerechnet in Zeiten des Lehrkräftemangels?

Der Lehrkräftemangel verschlechtert die Arbeitssituation für Kolleg*innen sogar weiter. Unbefristete Stellen können oft nur noch mit Seiteneinsteiger*innen besetzt werden. Das bedeutet mehr Arbeit für grundständig Ausgebildete, die die Neuen einarbeiten und qualifizieren.
Werden Kolleg*innen mit anderem Lehramt eingestellt, verlassen sie in der Regel die Grundschule nach der Einarbeitung wieder. Können Stellen nur mit befristet Beschäftigten besetzt werden, sieht es noch schlechter aus, denn für die befristete Einstellung sind die Anforderungen an die fachliche Qualifikation sehr vage. Zahlreiche Personen arbeiten so auch langfristig als Lehrkraft ohne je eine Ausbildung zu erhalten.Die Verantwortung für ihren Einsatz trägt die Schulleitung. Sie kann wählen: die Stelle nicht besetzen und Mehrarbeit anordnen oder sie besetzen und dem Kollegium zusätzlich die Einarbeitung auferlegen.

Also muss der angekündigte Masterplan vor allem etwas gegen den Lehrkräftemangel tun.

Genau, denn er vertieft die soziale Spaltung an Grundschulen in NRW. Ein Masterplan Grundschule muss dazu beitragen, vergleichbare Lern- und Lehrbedingungen wiederherzustellen. Die GEW fordert Notmaßnahmen gegen den Lehrkräftemangel: Vor allem brauchen wir zusätzliche Studienplätze und die Möglichkeit, das Lehramt berufsbegleitend unter Einbeziehung von Studienanteilen zu erwerben. Das schulscharfe Einstellungsverfahren muss für einen befristeten Zeitraum zugunsten eines landesweiten Listenverfahrens ausgesetzt werden. Bei der Stellenvergabe sind die Schulen mit den höchsten Bedarfen gemäß Sozialindex und der stärksten Unterversorgung vorrangig zu berücksichtigen. Die Arbeit an unterbesetzten Schulen muss attraktiver gemacht werden durch Zuschläge, zusätzliches Personal, bessere Ausstattung und kleine Klassen.

Welche Bedingungen braucht die Inklusion?

Unter den aktuellen Arbeitsbedingungen erleben viele Kolleg*innen Inklusion als zusätzliche Belastung. Da ein sonderpädagogischer Förderbedarf im Bereich „Lernen, emotionale und soziale Entwicklung und Sprache“ (LES) bei der Einschulung oft noch nicht geklärt werden kann, muss insbesondere die Schuleingangsphase personell sehr gut ausgestattet werden. Die GEW NRW erwartet, dass alle Grundschulen eine bedarfsgerechte Stellenzuweisung von Sonderpädagog*innen erhalten, die auch Kinder mit einem vermuteten sonderpädagogischen Förderbedarf einbezieht. Der Einsatz von sozial-pädagogischen Fachkräften an Grundschulen darf nicht mit dem Bedarf an sonderpädagogischen Lehrkräften verrechnet werden.

Wie kann der Masterplan ein Zeichen für Wertschätzung für die Arbeit an Grundschulen setzen?

Überfällig ist die faire Bezahlung nach A 13 Z / EG 13 für alle Lehrkräfte an Grundschulen. Darüber hinaus sind weitere Verbesserungen im Besoldungsgefüge notwendig,  zum Beispiel für Fachleiter*innen, Schulleiter*innen, Konrektor*innen, Sozialpädagogische Fachkräfte, Lehrkräfte im Herkunftssprachlichen Unterricht und Fachlehrer*innen.
Außerdem sollte die Qualitätsanalyse mindestens für die Zeit des Lehrkräftemangels ausgesetzt werden, denn sie erzeugt einen hohen Arbeitsaufwand.


Die Fragen stellte Anja Heifel-Rohden.

Foto: iStock.com / Geber86

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