Mehr Sozialpädagog*innen in der Schuleingangsphase

Multiprofessionelle Teams in der Grundschule

Die Landesregierung plant für das nächste Schuljahr 600 neue Stellen für sozialpädagogische Fachkräfte in der Schuleingangsphase der Grundschule. Damit wird die pädagogische Förderung der Kinder während der Startphase erweitert und gestützt. Die Stärkung der Grundschularbeit ist besonders jetzt eine notwendige Maßnahme, die seit vielen Jahren von der GEW NRW gefordert wird.

Bei der Einschulung beträgt der Unterschied in der individuellen Entwicklung der schulpflichtigen Kinder bis zu drei Jahre. Das zeigen die Ergebnisse vieler Untersuchungen und die Erfahrungen von Lehrer*innen, die eine erste Klasse übernehmen. Der Ruf nach Hilfe durch multiprofessionelle Teams wird immer lauter auch, weil die Möglichkeit der Zurückstellung vom Schulbesuch sehr restriktiv gehandhabt wird.
Die Idee, neben Lehrer*innen auch Kolleg*innen aus anderen Professionen an Schulen zu beschäftigen,
ist nicht neu. In der Grundschule sollen so vor allem Kinder gefördert werden, die zu Beginn ihrer Schullaufbahn eine besondere Unterstützung brauchen. Gerade der Elementar- und Primarbereich und insbesondere die Schuleingangsphase sind die grundlegenden Institutionen, die den Kindern gleiche Bildungschancen ermöglichen. Hier werden die Grundsteine der Bildungskette gelegt. Daher müssen
diese Bereiche mehr Aufmerksamkeit und vor allem Unterstützung bekommen.
Ein Erfolgsmodell für multiprofessionelle Teams ist die Zusammenarbeit zwischen Lehrer*innen und sozialpädagogischen Fachkräften mit zumeist sozialpädagogischen Hochschulabschlüssen. Speziell in der Schuleingangsphase, früher in Schulkindergärten, wirken sie intensiv mit, damit das einzelne Kind seine Schulfähigkeit erweitert. 2005 sind die ehemaligen Schulkindergärten zugunsten einer flexiblen Schuleingangsphase abgeschafft worden. Bisher gibt es für die sozialpädagogischen Fachkräfte nur 593 Stellen für alle 2.800 Grundschulen in NRW. Ein Mangel, den die GEW NRW schon seit Jahren kritisiert.

Prävention als Leitgedanke

Eines vorweg: Sozialpädagogische Fachkräfte sind keine Hilfskräfte, sondern wichtige Mitglieder im Team der Schule, die täglich die Bildungsbiografie des Kindes positiv beeinflussen. Gemeinsam mit dem Kind stellen sie dessen Fähigkeiten fest und nutzen diese, um kompensatorische Prozesse und Entwicklungen anzustoßen.
Der Leitgedanke ist die Prävention, damit das Kind bereits zu Beginn seiner Schullaufbahn die Grundschule als einen verlässlichen Lernort erfährt. Frühzeitig zu erkennen, was das einzelne Kind in seiner Lernentwicklung braucht, um erfolgreich die Ziele der Jahrgangsstufe zu erreichen, erfordert von den Sozialpädagog*innen Methoden- und Fachkompetenz. Daneben kennzeichnet auch die systematische Herangehensweise die Arbeit der sozialpädagogischen Fachkräfte in der Schuleingangsphase.

Bedürfnisse der Kinder stehen im Fokus

Die Kommunikation mit allen in der Schule handelnden Kolleg*innen ermöglicht einen auf das Kind bezogenen Austausch mit entsprechender Dokumentation der Lernentwicklung. Diese ermöglicht allen Beteiligten einen kontinuierlichen Einblick darüber, wo genau das Kind steht und welche Schlussfolgerungen für die weitere Planungen zu ziehen sind. Das fundierte Wissen über Sozialisations- und Erziehungsinstanzen und deren Einfluss auf die Lernentwicklung ist Grundlage für die Beratung der Eltern, die zudem Kenntnis über die Kompetenzen der vielen außerschulischen therapeutischen und pädagogischen Institutionen erfordert. Das betrifft besonders die Bereiche der Logo- und Ergotherapie, aber beispielsweise auch Kontakte zur Schulpsychologie oder zu sportlichen oder musischen Angeboten im Stadtteil.
Sozialpädagog*innen bündeln die daraus resultierenden Informationen, steuern schulintern additive Lern-und Entwicklungsangebote und schaffen Lernsituationen im Sinne des Kindes. Die kontinuierliche Reflexion und der Abgleich, ob die angewendeten Methoden sich für das Kind als sinnvoll erwiesen haben, sind Voraussetzungen, um im schulischen Alltag zeitnah flexibel und zielorientiert zu handeln.

Integration in alle Handlungsfelder

Richtlinien und Lehrpläne definieren für die Grundschule verstärkt das strukturelle, organisatorische, inhaltliche und professionelle Handlungsfeld der Lehrkräfte und der sozialpädagogischen Fachkräfte. Die Aufgaben und Herausforderungen haben sich angesichts der großen Heterogenität in den Klassen im Zuge der Inklusion und der zunehmenden Integration zugewanderter Kinder erweitert.
In der Schuleingangsphase wird ein sonderpädagogischer Unterstützungsbedarf im Bereich Lern- und Entwicklungsstörungen nach der Ausbildungsordnung Sonderpädagogische Förderung frühestens nach eineinhalb Jahren Schulbesuch festgestellt, obwohl viele Kinder schon in der Kita inklusiv gefördert wurden. Daher übernehmen die sozialpädagogischen Fachkräfte neben der präventiven immer mehr auch die besondere Förderung. Zumal Sonderpädagog*innen, wenn sie überhaupt an einer Schule vorhanden sind, oft nur wenige Stunden in der Woche in der Klasse mit den Kindern arbeiten können. Sie werden in vielen Klassen gleichzeitig eingesetzt.
In multiprofessionellen Teamstrukturen bringen die sozialpädagogischen Fachkräfte neben den Lehrer*innen, Sonderpädagog*innen und Schulsozialarbeiter*innen ihre speziellen Kompetenzen ein. Sie sind Mitglieder der Lehrerkonferenz und gestalten die inhaltliche und organisatorische Programmatik der Schule durch ihre Fachkompetenz mit.

Mehr Fachkräfte an Grundschulen

Neben der unzureichenden Stellensituation ist auch das Thema der Eingruppierung, und damit der Bezahlung, immer wieder virulent: Die Eingruppierung in die Entgeltgruppe (EG) 10 TV-L bleibt unberührt, unabhängig davon wie lange eine Fachkraft bereits beschäftigt ist und welche Zusatzausbildungen sie absolviert hat. Aufstiegsmöglichkeiten innerhalb der Schule gibt es für diese Kolleg*innen bisher nicht. Die Landesregierung plant nun 600 zusätzliche Stellen in der Schuleingangsphase. Das ist zu begrüßen, denn die GEW NRW fordert seit Jahren den Einsatz der sozialpädagogischen Fachkräfte an allen Grundschulen.
Wichtig ist auch, unter welchen Bedingungen neue Kolleg*innen eingestellt und eingesetzt werden sowie, dass diese Bedingungen auch für die altbeschäftigten Kolleg*innen gelten müssen:
Notwendige Voraussetzung für die Einstellung muss ein Hochschulstudium bleiben, denn die Arbeit in der Grundschule erfordert gut ausgebildete Mitarbeiter*innen.
Die Arbeit mit den Kindern muss analog zu den Vorgaben für die Grundschullehrkräfte geregelt bleiben. Neben dem Unterricht und den Förderangeboten mit den erforderlichen Vor- und Nachbereitungen sind die sozialpädagogischen Fachkräfte eingebunden in Beratungen der Eltern und im Team. Sie nehmen an allen schulischen Aktivitäten, Konferenzen sowie Sprechtagen teil und sind stark in den Übergang von der Kita zur Grundschule involviert.
Der Einsatz jeder sozialpädagogischen Fachkraft sollte nur an einer Schule erfolgen und vorrangig an Schulen, die nach dem Sozialindex einen besonderen Bedarf haben. Gerade in diesen Schulen ist die Zahl der Kinder besonders hoch, deren frühkindliche Entwicklung in der Familie nicht genügend gefördert werden konnte oder die nicht regelmäßig eine Kita besuchten. Diesen Kindern eine größtmögliche Unterstützung zu geben, kann zu einem besseren Start in die Schullaufbahn beitragen.
Angesichts der veränderten Arbeitsbedingungen und des erweiterten Arbeitsfelds fordert die GEW NRW die Eingruppierung nach EG 11. Die Bildungsgewerkschaft begleitet den Prozess der Neueinführung der Stellen und wird sich weiterhin für ihre Forderungen einsetzen – weil die sozialpädagogischen Fachkräfte es verdienen!


Rixa Borns
Leitungsteam der Fachgruppe Grundschule der GEW NRW

Sandro Monachello
Sozialpädagogische Fachkraft in der Schuleingangsphase, Mitglied im Öffentlichen Personalrat Düsseldorf

Fotos: iStock.com / kate_sept2004; dieterkowallski / photocase.de

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Kommentare (2)

  • Katrin Disselhoff Ein schöner Artikel, der zeigt wie vielfältig die Arbeit der sozialpädagogischen Fachkräfte in der Schuleingangsphase sein kann. Wichtig ist der Austausch mit anderen sozialpädagogischen Fachkräften in der Schuleingangsphase. Dank einer engagierten GEW Kollegin, haben wir einen Arbeitskreis mit einem Fortbildungstag pro Halbjahr, der von der Schulberatungsstelle professionell betreut wird. Hier erzählen die Kolleg* innen häufig von den vielen Vertretungstunden, die sie an ihrer Schule über nehmen. Wir sind keine Lehrer* innen und unsere Aufgaben an der Schule sind andere. Dazu brauchen wir aber auch Zeit und Raum. Was mich wundert ist, dass trotz 600 bewilligter Stellen, noch so wenig (zur Zeit 3) bei Andreas ausgeschrieben sind.


  • Janet Prell Hallo und Grüß Gott,
    meiner Meinung nach, sollten auch Erzieher die Möglichkeit der Einstellung als Sozialpädagogische Fachkraft in die Schuleingangsphase bekommen. Zumindest in Bayern sind es 5 Jahre Ausbildung auf einer Fachakademie, mit Berufserfahrung und Zusatzausbildungen ist so eine Mitarbeiterin mindestens genauso fähig, wie eine Sozialpädagogin.
    Ich hoffe, diese Möglichkeit wird in den nächsten Jahren in Erwägung gezogen.

    MFG
    J. P.
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