Schulische Integration koordinieren

Verbund der Kommunalen Integrationszentren in NRW

Die Mehrheit der aktuell 49 Kommunalen Integrationszentren in Nordrhein-Westfalen führt mit allen in der Kommune gemeldeten neu zugewanderten und geflüchteten Familien und unbegleiteten Minderjährigen eine Erstberatung durch. Unter anderem BeraterInnen, LehrerInnen, DolmetscherInnen, PsychologInnen und SozialarbeiterInnen arbeiten Hand in Hand mit dem Ziel, die schulpflichtigen Kinder und Jugendlichen schnellst- und bestmöglich in das Schulsystem zu integrieren.

Nach dem Schulgesetz Paragraf 34 Absatz 1 sind in Nordrhein-Westfalen alle neu zugewanderten und geflüchteten Kinder und Jugendlichen schulpflichtig, sobald sie in einer Kommune gemeldet sind. Gemeinsam mit allen hier lebenden Kindern und Jugendlichen werden unterrichtet

  • Menschen aus EU-Mitgliedstaaten (EU-Binnenwanderung aus Südosteuropa, zum Beispiel aus Bulgarien und Rumänien),
  • Menschen aus Nicht-EU-Mitgliedstaaten (zum Beispiel aus den Balkanstaaten, vorwiegend Sinti und Roma aus Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina),
  • geflüchtete Menschen mit Familie
  • geflüchtete unbegleitete Minderjährige (zum Beispiel aus Kriegsgebieten, vorwiegend aus dem arabischen Raum und aus afrikanischen Ländern). 

Jugendliche, die nicht mehr der Schulpflicht unterliegen, erhalten über die Jugendämter Bildungs- und Ausbildungsangebote. Die Zuständigkeit liegt beim Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport.

Institutionenübergreifende Netzwerkarbeit

In den Erstberatungen der Kommunalen Integrationszentren werden die persönlichen Daten aufgenommen und unter anderem folgende Themen im Gespräch vertieft:

  • Erwartungen der neu zugewanderten und geflüchteten Familien,
  • Klärung der bisherigen Bildungsbiografie,
  • Einschätzung der mitgebrachten Potenziale und Kompetenzen,
  • Informationen zum nordrhein-westfälischen Schulsystem – auch durch mehrsprachiges Informationsmaterial,
  • sprachliche Voraussetzungen der neu zugewanderten und geflüchteten Kinder und Jugendlichen,
  • Überlegungen zu Schulzuweisungen,
  • Hinweise zur Einschulungsuntersuchung im Gesundheitsamt.

Die Kommunalen Integrationszentren sind die koordinierende Institution innerhalb der regional ausgebildeten Netzwerke. Im Sinne der neu zugewanderten und geflüchteten Familien und unbegleiteten Minderjährigen ist es besonders wichtig, dass Akteure wie beispielsweise das Einwohnermeldeamt, die Ausländerbehörde, das Gesundheitsamt, die Schulaufsicht, der Schulträger und das Regionale Bildungsbüro eng zusammenarbeiten. Auch der Ausbau von unterstützenden Netzwerken mit Kompetenzteams, Volkshochschulen, Büchereien und Sportvereinen ist von großer Bedeutung, um das Erlernen der deutschen Sprache und darüber die Integration in die Gesellschaft zu erleichtern.

Integration in das deutsche Schulsystem 

Die einzelnen Organisationsmodelle der Beschulung hängen stark von den örtlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten ab: Im Kreis Unna gelingt das Go-In-Modell, bei dem neu zugewanderte Kinder und Jugendliche an Schwerpunktschulen ab dem ersten Schultag in einer Regelklasse im Bereich der Primar- und Sekundarstufe I unterrichtet werden. Sie erhalten im Rahmen des Regelunterrichts eine additive Sprachförderung. In vielen Städten mit hohen Zuwanderungszahlen wie zum Beispiel in Dortmund, Duisburg oder Hagen wird zunächst in extra eingerichteten Klassen unterrichtet. Hierfür werden laut Erlass (BASS 13-63 Nr. 3) Klassen eingerichtet, die das Ziel haben, die Kinder und Jugendlichen nach und nach, maximal aber nach zwei Jahren in den Regelunterricht zu integrieren. Für das Erlernen der deutschen Sprache und Schrift sind zehn bis zwölf Wochenstunden Deutschunterricht vorgesehen.
Die Zahl der zugewanderten unbegleiteten Minderjährigen hat besonders in 2015 den Bedarf an Konzepten zur schulischen Integration an den Berufskollegs beziehungsweise zur Integration in den Arbeitsmarkt erhöht. So wurde bereits am 1. August 2014 im Rahmen der bundesweiten Initiative „Bildung durch Schrift und Sprache“ ein Verbund von zwölf Berufskollegs in NRW gegründet, der die Integration von neu zugewanderten und geflüchteten Jugendlichen in die Sekundarstufe II zum Ziel hat.
Im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung durch die Universität Duisburg-Essen werden Verfahren entwickelt und erprobt, um SchülerInnen sowohl in den Vorbereitungsklassen (Erstförderung) als auch anschließend im Regelunterricht (Anschlussförderung) mit geeigneten Unterrichtskonzepten und -materialien zu fördern.
Wenn man davon ausgeht, dass das Erlernen der Bildungssprache vier bis acht Jahre dauert, werden die besonderen Herausforderungen deutlich, vor denen neu zugewanderte und geflüchtete junge Erwachsene stehen. Sie müssen in kürzester Zeit die Bildungssprache erlernen, um einen Schulabschluss zu erhalten, der ihnen die erfolgreiche Integration in den Arbeitsmarkt ermöglicht. Und ganz nebenbei müssen sie existenzielle rechtliche Fragen klären: Wie ist es um den persönlichen Aufenthaltsstatus bestellt? Kann die schulische Ausbildung fortgesetzt werden, wenn die Schulpflicht mit dem 18. Lebensjahr formal nicht mehr besteht?
Der Bereich „Übergang Schule-Beruf“ steht dabei vor der Herausforderung, diese Gruppe angemessen zu berücksichtigen und in die vorhandenen Strukturen einzubinden – wie zum Beispiel in eine Berufsorientierung im Rahmen von „Kein Abschluss ohne Anschluss“. 

Unterstützung der Lehrkräfte vor Ort

Der Verbund der Kommunalen Integrations-zentren unterstützt die Arbeit der Lehrkräfte vor Ort, indem Netzwerktreffen organisiert, Biblio-theken zur Materialausleihe eingerichtet oder Qualifizierungsmaßnahmen angeboten werden. Die Landesweite Koordinierungsstelle Kommunale Integrationszentren (LaKI) hat neben der koordinierenden und fachlichen Arbeit im Verbund vielfältige Aufgaben auf unterschiedlichen Ebenen: Sie organisiert unter anderem die Tagungsreihe „Schule für neu zugewanderte Kinder und Jugendliche“ und reagiert damit auf den hohen Bedarf an Qualifizierungen im Land. Die eigene Internetseite wurde parallel im Handlungsfeld der neu zugewanderten und geflüchteten Kinder und Jugendlichen als Unterstützungsplattform ausgebaut und stellt zum Beispiel mehrsprachige Informationen zur Verfügung. Fachliche Abstimmungen finden mit dem Ministerium für Schule und Weiterbildung, den Bezirksregierungen und den dazugehörigen Kompetenzteams sowie landes- und bundesweit mit Universitäten statt.

Tina Teepe
Landesweite Koordinierungsstelle Kommunale Integrationszentren, Arbeitsschwerpunkt: Handlungsfeld der neu zugewanderten und geflüchteten Kinder und Jugendlichen

Foto: Lokomotiv110 / fotolia.com

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