Digitalisierung: Neue Herausforderungen für Schulen und Schulaufsicht
Digitalisierung
Die Digitalisierung aller Lebens- und Arbeitsbereiche stellt Schulen und Schulsysteme derzeit vor große Herausforderungen. Studien weisen für Deutschland seit Jahren sowohl in Bezug auf die schulische Nutzung digitaler Medien als auch hinsichtlich einer modernen schulischen IT-Ausstattung auf deutliche Entwicklungsbedarfe hin. Dabei sind die Situationen in den Schulen höchst unterschiedlich.
Umfangreiche empirische Befunde über den Stand der Integration digitaler Medien und den Kompetenzstand von Schüler*innen in Deutschland stellte erstmals die international vergleichende Schulleistungsstudie International Computer and Information Literacy Study 2013 (ICILS) vor. In der Studie zeigte sich, dass Achtklässler*innen hierzulande hinsichtlich ihrer computer- und informationsbezogenen Kompetenzen im internationalen Vergleich eher mittelmäßig abschneiden. So erreichten etwa 30 Prozent der Jugendlichen lediglich unterste Kompetenzstufen. Diese Schüler*innen verfügten nur über sehr basale Fertigkeiten im Umgang mit neuen Technologien und digitalen Informationen. Sie konnten allenfalls einen Link anklicken oder mit Hilfestellung einfache Veränderungen an Dokumenten vornehmen. Zudem ließen sich in Deutschland deutliche Bildungsbenachteiligungen für Jugendliche aus unteren und mittleren sozialen Lagen sowie für Jugendliche mit Migrationshintergrund feststellen. Hinsichtlich der Nutzung digitaler Medien durch Lehrpersonen bildet Deutschland sogar das Schlusslicht des internationalen Vergleichs.
Betrachtet man die aktuellen Entwicklungen, so weisen unter anderem die Befunde des Länderindikators „Schule digital“ auf einen Anstieg der schulischen Nutzungshäufigkeit digitaler Medien hin. Es zeigen sich jedoch teilweise erhebliche Unterschiede zwischen den Bundesländern. Zudem wird deutlich, dass Lehrpersonen zunehmend die Potenziale digitaler Medien zur Unterstützung von Lernprozessen und zur Verbesserung von Lernergebnissen positiv einschätzen.
Die zentrale Aufgabe der nächsten Jahre wird es für Schulen und die Schulaufsicht sein, hier anzuknüpfen und die schulischen Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass das Lernen mit digitalen Medien tatsächlich einen Mehrwert für Lernprozesse und Lernergebnisse bietet, von dem alle Kinder und Jugendlichen profitieren. Wichtige Anforderungen sind in diesem Zusammenhang auf der Ebene der Schuladministration die Festlegung von Zielsetzungen, die Verankerung des kompetenzorientierten Lernens mit digitalen Medien in schulübergreifenden Konzepten, in Curricula und in der Lehrer*innenbildung. Die Einzelschulen sind ebenfalls in der Verantwortung, Schulentwicklungsprozesse auf den Weg zu bringen und sind somit der Motor aller Veränderungen. Daher gilt es, die Schulen in ihren Entwicklungen zu unterstützen.
Ohne geeignete Rahmenbedingungen werden die gewünschten Prozesse aber nicht nachhaltig sein. Nach wie vor stellen die technische Infrastruktur und der IT-Support viele Schulen vor besondere Herausforderungen. Trotz der Diskussionen um technische Aspekte dürfen die übergeordneten Leitgedanken im Zuge der Digitalisierung des Bildungsbereichs jedoch auch zukünftig nicht außer Acht gelassen werden. Pädagogik vor Technik, Qualität vor Aktionismus. Inwieweit dies schon gelingt und an welchen Stellen zukünftig Herausforderungen bestehen, wird unter anderem der nächste Zyklus der Studie ICILS (ICILS 2018) aufzeigen können.
Prof. Dr. Birgit Eickelmann
Professorin an der Universität Paderborn, Lehrstuhl für Schulpädagogik, unter anderem wissenschaftliche Leitung der IEA-Studien ICILS 2013 und ICILS 2018
Foto: Marie Maerz / photocase.de
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