Neue Flexibilität oder nur mehr Arbeitszeit?

Änderung der Arbeitszeitregelung

Mit der geänderten Verordnung zur Arbeitszeitregelung für Lehrkräfte tritt für das Schuljahr 2018 / 2019 ein deutlich verändertes Flexibilisierungsinstrument in Kraft. Die Belastungssituation für Lehrkräfte könnte sich durch die Änderung zunehmend verschärfen.

Bisher hieß es in der Verordnung zu § 93 Absatz 2 Schulgesetz: „Die Zahl der wöchentlichen Pflichtstunden einer Lehrerin oder eines Lehrers kann vorübergehend aus schulorganisatorischen Gründen um bis zu sechs Stunden über- oder unterschritten werden.“ Nun heißt es: „Die Zahl der wöchentlichen Pflichtstunden einer Lehrerin oder eines Lehrers kann aus schulorganisatorischen Gründen, insbesondere zum Ausgleich einer nicht gleichmäßigen Unterrichtserteilung, für bis zu sechs Monate um bis zu sechs Stunden über- oder unterschritten werden.“

Flexibilisierung wird neu gefasst, GEW NRW lehnt Änderung ab

Das Schulministerium begründet diesen Schritt so: „Aufgrund des Urteils des Bundesarbeitsgerichts vom 20. Oktober 2016 [...] wird das sogenannte Instrument der Flexibilisierung nach § 2 Absatz 4 neu gefasst. Der zu Verwerfungen führende Begriff ‚vorübergehende‘ Über- oder Unterschreitung der Zahl der wöchentlichen Pflichtstunden einer Lehrerin oder eines Lehrers wird durch die konkrete Zeitangabe ‚für bis zu sechs Monate‘ ersetzt.“ Ferner werde klargestellt, dass ein schulorganisatorischer Grund vorliege, wenn der Unterricht nicht gleichmäßig über einen bestimmten Zeitraum erteilt werden könne.
Dabei könne es sich sowohl um im Vorfeld bekannte Umstände, zum Beispiel Erteilung von Blockunterricht, als auch um ungeplante Ereignisse im Laufe des Schuljahres handeln.
Nun zog das Schulministerium die Konsequenz und definiert ‚vorübergehend‘ in „für bis zu sechs Monate“ neu. Die GEW NRW lehnt diese Änderung ab. Es erscheint unverhältnismäßig, den „zu Verwerfungen führenden Begriff ‚vorübergehende‘ Über- oder Unterschreitung der Zahl der wöchentlichen Pflichtstunden einer Lehrerin oder eines Lehrers“ durch die Zeitangabe „für bis zu sechs Monate“ zu konkretisieren. Bei einer eventuellen Anwendung durch die Schulleitung ist zu berücksichtigen, dass weiterhin § 13 Absatz 4 der Allgemeinen Dienstordnung (ADO BASS 21-02 Nr. 4) gilt: „Wenn der stundenplanmäßige Unterricht wegen Abwesenheit der zu Unterrichtenden nicht erteilt werden kann, zum Beispiel wegen Abgangsklassen, Schulfahrten, Exkursionen, Berufspraktika oder durch Abschlussprüfungen vorzeitig endet, sollen die nicht erteilten Unterrichtsstunden insbesondere für Vertretungszwecke verwendet werden. Besondere dienstliche Belastungen sind im Einzelfall zu berücksichtigen.“

Einzelfälle genau prüfen

  1. Liegen die erforderlichen schulorganisatorischen Gründe vor? Lassen sie sich nicht auch anderweitig lösen?
  2. Rechtlich gegenüberzustellen sind der angegebene Grund mit der Definition des Ausgleichs einer nicht gleichmäßigen Unterrichtserteilung.
  3. Es bleibt die Verpflichtung des Dienstherren, dass aus Fürsorgegesichtspunkten auf die Belange der Lehrkräfte beim konkreten Einsatz Rücksicht zu nehmen ist. Insbesondere bei Teilzeit aus familiären Gründen müssen die Auswirkungen des Einsatzes berücksichtigt und es muss auf eine verträgliche Stundenplangestaltung geachtet werden.
  4. Bei mehr als zwei Stunden muss die Zustimmung der betroffenen Lehrkraft erfolgen, wenn eine Dauer von zwei Wochen überschritten wird.
  5. Die zusätzlichen Unterrichtsstunden sind innerhalb des Schuljahres auszugleichen, ausnahmsweise im folgenden Schuljahr in Unterrichtsstunden. Dies sollte im Vorhinein festgelegt werden. Es handelt sich nicht um vergütbare Mehrarbeit.
  6. Nicht nur bei Problemen sollte der Lehrerrat eingeschaltet werden.
  7. Die Lehrerkonferenz sollte unter Bezug auf § 13 Absatz 4 ADO ein Vertretungskonzept beschließen, dass Lehrkräfte vorzugsweise für den Vertretungsunterricht vorzusehen sind, wenn Unterricht ausfällt, um unvergütete Mehrarbeit anderer Lehrkräfte zu vermeiden.

Die Bildungsgewerkschaft und ihre Personalräte setzen sich dafür ein, dass die vor mehr als zehn Jahren versprochene Rückkehr zur alten Arbeitszeit von 38,5 Stunden pro Woche wahr gemacht wird. Stattdessen zeichnet sich – sicherlich auch dem Problem des Lehrer*innenmangels geschuldet – eine mögliche Ausweitung der Arbeitszeit und damit eine Verstärkung der Belastungssituation ab.


Ute Lorenz
Referentin für Beamt*innenrecht und Mitbestimmung der GEW NRW

Illustration: howcolour / shutterstock.com

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