Für gute Fördermöglichkeiten an allen Förderorten

Förderschulen mit dem Schwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung

Mit dem 9. Schulrechtsänderungsgesetz hat die Landesregierung in NRW 2013 die Weichen für schulische Inklusion gestellt. Entgegen aller Prognosen ist seitdem der Anteil der Kinder mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf jedoch nicht zurückgegangen. Das zeigt sich vor allem an Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung (ESE). Diese Schulform zu schließen, steht über alle Parteigrenzen hinweg nicht mehr zur Debatte. Doch gutes Lernen und Lehren sind dort trotzdem schwierig geworden.

Mit Inkrafttreten des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes sowie der damit einhergehenden Änderung der Verordnung zur Ausführung des § 93 Absatz 2 des Schulgesetzes haben sich von einem Schuljahr auf das andere die Rahmenbedingungen an der Förderschule ESE deutlich verschlechtert.

Größere Lerngruppen in zu kleinen Klassenräumen

Wurden zuvor im Schnitt elf Kinder bei einem Klassenhöchstwert von 14 Kindern in einer Lerngruppe unterrichtet, sind es seit dem Schuljahr 2014 / 2015 bis zu 17 Kinder. Dies wirkt sich im Schulalltag massiv aus: Bereits im dritten Jahr nach der Schulrechtsänderung ist ein Großteil der Lerngruppen größer als es im Schuljahr 2013 / 2014 noch zulässig war. In immer mehr Lerngruppen werden mittlerweile 15 und mehr Kinder gemeinsam gefördert. Da viele Förderschulen ESE ursprünglich für kleinere Klassen gebaut wurden, führt dies neben vielen anderen Problemen häufig zu deutlich zu kleinen Klassenräumen.

Gerade Kinder mit einem Unterstützungsbedarf im Bereich der emotionalen und sozialen Entwicklung benötigen zumindest zeitweise einen Schonraum, in dem sie in einer kleinen, überschaubaren und gut strukturierten Lerngruppe neue Lernerfahrungen sowohl im sozialen als auch im emotionalen Bereich machen können. Der Eindruck vieler Kolleg*innen an den Förderschulen ESE, dass die häufig vorkommende räumliche Enge sowie die gestiegenen Gruppengrößen zu vermehrten Konflikten führen, scheint vor diesem Hintergrund sehr plausibel.

Größere Lerngruppen in zu kleinen Klassenräumen

Wurden zuvor im Schnitt elf Kinder bei einem Klassenhöchstwert von 14 Kindern in einer Lerngruppe unterrichtet, sind es seit dem Schuljahr 2014 / 2015 bis zu 17 Kinder. Dies wirkt sich im Schulalltag massiv aus: Bereits im dritten Jahr nach der Schulrechtsänderung ist ein Großteil der Lerngruppen größer als es im Schuljahr 2013 / 2014 noch zulässig war. In immer mehr Lerngruppen werden mittlerweile 15 und mehr Kinder gemeinsam gefördert. Da viele Förderschulen ESE ursprünglich für kleinere Klassen gebaut wurden, führt dies neben vielen anderen Problemen häufig zu deutlich zu kleinen Klassenräumen.

Gerade Kinder mit einem Unterstützungsbedarf im Bereich der emotionalen und sozialen Entwicklung benötigen zumindest zeitweise einen Schonraum, in dem sie in einer kleinen, überschaubaren und gut strukturierten Lerngruppe neue Lernerfahrungen sowohl im sozialen als auch im emotionalen Bereich machen können. Der Eindruck vieler Kolleg*innen an den Förderschulen ESE, dass die häufig vorkommende räumliche Enge sowie die gestiegenen Gruppengrößen zu vermehrten Konflikten führen, scheint vor diesem Hintergrund sehr plausibel.

Gesunkene Personalressource 

Seit 2014 hält das Land NRW für die Förderung von Kindern mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf in den Bereichen Lernen, Sprache und emotionale und soziale Entwicklung ein Stellenbudget vor, das sowohl die Personalressource im Gemeinsamen Lernen als auch die an den Förderschulen abdecken soll. Allerdings reicht die Größe derzeit nicht aus, um eine angemessene Förderung an allen Förderorten zu gewährleisten. Daher fordert die GEW NRW eine Aufstockung dieses Stellenbudgets um 7.000 Stellen. 

Mit der Einführung des Stellenbudgets für den Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen (LES) wurde auch eine einheitliche Schüler*innen-Lehrer*innen-Relation festgelegt, die eine Verschlechterung für den Bereich ESE von circa 27 Prozent mit sich brachte. Die Stellenzuweisung verringerte sich von zuvor einer Lehrer*innenstelle für 7,83 Schüler*innen auf jetzt eine Lehrer*innenstelle für 9,92 Schüler*innen.

Gleichzeitig wirkt sich ein intensivpädagogischer Förderbedarf gemäß § 15 der Ausbildungs-

ordnung sonderpädagogische Förderung (AO-SF) für die Förderschule ESE nicht mehr bedarfserhöhend aus. Vor 2014 wurden Schüler*innen mit einem nachgewiesenen intensivpädagogischen Förderbedarf noch mit einer eigenen Schüler*innen-Lehrer*innen-Relation von 1 : 4,17 gerechnet, jetzt fallen sie ebenfalls unter die neue allgemeine Schüler*innen-Lehrer*innen-Relation im LES-Bereich.

Diese deutlichen Verschlechterungen hat das Schulministerium erkannt. Das Land versucht daher durch zusätzliche Stellen, ausgezeichnet als Mehrbedarfe, die deutlich geringeren Personalressourcen gerade an den Förderschulen ESE auszugleichen. Hierbei soll der „Mehrbedarf I“, der Brüche in der Unterrichtsversorgung vermeiden soll und aktuell landesweit sehr unterschiedlich eingesetzt wird, in den nächsten Schuljahren sukzessive abgebaut werden. Perspektivisch wird das noch einmal zu einer weiteren Verschärfung der Situation an den betroffenen Förderschulen führen. Die Verteilung der Stellen aus dem Bereich „Mehrbedarf II“ – vorgesehen für Maßnahmen zur Förderung von Kindern mit intensivpädagogischem Förderbedarf – erfolgt ebenfalls landesweit sehr unterschiedlich und teilweise intransparent, ohne festgelegte Kriterien seitens des Ministeriums. Auch reicht der Umfang dieses Mehrbedarfstopfes bei Weitem nicht aus, um eine qualitativ angemessene Förderung sicherzustellen. Das Problem der größeren Klassen wird so nicht gelöst.

Veränderte Schüler*innenschaft

Durch eine zunehmend auch inklusive Beschulung von Kindern mit dem Unterstützungsbedarf im Bereich der emotionalen und sozialen Entwicklung an Schulen des Gemeinsamen Lernens – die amtlichen Schuldaten aus NRW zum Schuljahr 2015 / 2016 verzeichnen einen Anstieg um etwa 32 Prozent – hat sich auch die Problematik der Kinder verändert, die weiterhin an Förderschulen ESE unterrichtet werden. Viele Kolleg*innen berichten von immer komplexeren Auffälligkeitsbildern, von einem immer höheren psychologischen Therapiebedarf sowie einem deutlich angestiegenen Aggressionspotenzial. Auch wenn eine Gesamtauswertung der aktuellen COPSOQ-Erhebung nach Förderschultypen leider nicht vorliegt, scheinen Einzelergebnisse dieser Erhebung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz die Berichte der Kolleg*innen aus den Schulen zu untermauern. Hinzu kommt aktuell noch, dass immer wieder auch Kinder aus inklusiven Settings an die Förderschule zurückkehren, da sie unter den Rahmenbedingungen an der Regelschule nicht angemessen gefördert werden konnten. Diese Misserfolgserlebnisse führen dann häufig zu einem noch verstärkten Auftreten der gezeigten Problematiken.

Die COPSOQ-Ergebnisse stützen Berichte von Kolleg*innen darüber, dass sie in ihrer täglichen Arbeit an der Förderschule ESE bis an die Grenze ihrer gesundheitlichen Belastung gehen – und teilweise darüber hinaus. Um Schüler*innen mit diesem extremen Unterstützungsbedarf gerecht werden zu können, brauchen auch die Förderschulen neben einer ausreichenden Besetzung mit sonderpädagogischen Lehrkräften multiprofessionelle Teams – analog zu den Teams, die schon zur Integration neu zugewanderter Schüler*innen an Regelschulen existieren. So könnten die Kinder die individuelle, qualitativ angemessene und teils intensivpädagogische Unterstützung tatsächlich erhalten, die sie benötigen – dazu gehören etwa Präventionsprogramme, Psycho-, Spiel-, Sprach- und Ergotherapie.

Qualität der sonderpädagogischen Förderung an allen Förderorten ausbauen 

Mit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention hat sich Deutschland dazu verpflichtet, gesellschaftliche Teilhabe auch von Menschen mit Behinderung zu stärken. Der Besuch einer allgemeinen Schule stellt dabei nur einen Teil der Forderungen der Konvention dar (Artikel 24 Absatz 2). Vielmehr geht es auch um eine Bildung, die sich an der Erfüllung der Bedürfnisse aller Lernenden orientiert. Eine angemessene, individuelle und sonderpädagogisch fundierte Förderung von Schüler*innen mit dem Unterstützungsbedarf im Bereich der emotionalen und sozialen Entwicklung bedarf passender Rahmenbedingungen an allen Förderorten. Nur so kann auf Dauer die gesellschaftliche Teilhabe von Kindern mit diesem Unterstützungsbedarf sichergestellt werden.

Ein solcher Förderort kann aktuell neben der Regelschule aber auch noch die Förderschule sein. Gerade Kinder, die einen erheblichen sonderpädagogischen Förderbedarf aufweisen, benötigen – mindestens temporär – eine sehr individuelle Förderung in einer kleinen, gut strukturierten Lerngruppe mit der Möglichkeit, sehr individuell auf sie eingehen zu können. Nur unter diesen Rahmenbedingungen können positive Lernerfahrungen sowohl im schulischen als auch im sozialen und emotionalen Kontext angebahnt und gefestigt werden. 

Daher fordert die GEW NRW auch, dass die Klassenfrequenzrichtwerte an den Förderschulen ESE sowie den Verbundschulen mit dem Förderbedarf ESE wieder deutlich verringert werden und mindestens die alte Schüler*innen-Lehrer*innen-Relation wieder eingeführt wird. Außerdem muss sich auch im Bereich der emotionalen und sozialen Entwicklung ein intensivpädagogischer Förderbedarf nach § 15 AO-SF wieder bedarfserhöhend auswirken.

Nur durch verbesserte Rahmenbedingungen kann dem Recht der Kinder nach einer angemessenen Förderung entsprochen werden. Und auch die Kolleg*innen, die diese Kinder fördern, benötigen für ihre Arbeit bessere Rahmenbedingungen, um nicht täglich bis an die Belastungsgrenze und darüber hinaus gehen zu müssen und ihren Beruf auch weiterhin gesund ausüben zu können. Dies ist laut § 3 des Arbeitsschutzgesetzes übrigens eine Grundpflicht des Landes NRW als Arbeitgeber aller Lehrer*innen.

 

Stephan Osterhage-Klingler
Bezirksfachgruppe Sonderpädagogische Berufe im Regierungsbezirk Detmold und Mitglied im Referat C (Schulrecht, Bildungsfinanzierung und -statistik) der GEW NRW

Fotos: micjan, suschaa, gb-photodesign.de / photocase.de

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