Kindertagespflege: „Wir setzen uns ein für Anerkennung und gute Arbeitsbedingungen.“

Im Gespräch mit der Interessengemeinschaft Kindertagespflege in Essen e. V.

In der viertgrößten Stadt in NRW haben sich Tagesmütter und -väter in der Interessengemeinschaft Kindertagespflege in Essen e. V. zusammengeschlossen – und der Verein wächst stetig. Rebecca Eggeling gehört zum vierköpfigen Vorstand und erzählt, für wen und wofür sich die Interessengemeinschaft stark macht.

nds: Im Sommer 2019 wird die Interessengemeinschaft Kindertagespflege in Essen e. V. zehn Jahre alt. Warum wurde sie damals gegründet?

Rebecca Eggeling: Der Gründungsimpuls war eine gemeinsame Demonstration von Kindertagespflege-personen und Eltern im Essener Rathaus, bei der es um die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und mehr Sicherheiten ging. Daraufhin hat der Jugendhilfeausschuss seine Beschlüsse hinsichtlich der Pflegeerlaubnis und der Vergütung der Kindertagespflegepersonen zu unserem Vorteil geändert. Uns ist damals bewusst geworden, dass wir etwas bewirken können, wenn wir auf Missstände aufmerksam machen und für unsere Rechte kämpfen.
Um die Bedingungen für Kinder in der Tagespflege und für alle Beteiligten auch in Zukunft nachhaltig zu verbessern, haben wir  im Juni 2009 die Interessengemeinschaft Kindertagespflege in Essen e. V. gegründet. Zunächst waren wir nur eine Handvoll Kindertagespflegepersonen, aber unsere Arbeit zahlt sich aus: Zu den rund 20 Mitgliedern der Anfangszeit kamen in den Folgejahren ständig neue Mitstreiter*innen hinzu. Inzwischen haben wir mehr als 420 Mitglieder.

Damit hat sich bestimmt auch Ihr Einfluss verändert.

Stimmt! Wir haben es geschafft, so viele zu werden und so professionell aufzutreten, dass wir von der Politik und den Gremien des Jugendamts als gleichwertige Gesprächspartner*innen wahrgenommen werden. Regelmäßig sitzen wir mit den Entscheidungsträger*innen an einem Tisch, werden als Expert*innen um Rat gefragt und tragen so dazu bei, die Rahmenbedingungen zu verbessern und die Qualität in der Kindertagespflege zu steigern. Wir stehen als Sprachrohr stellvertretend für alle derzeit 780 Essener Tagesmütter und -väter und auch für die Eltern der rund 2.800 in Kindertagespflege betreuten Kinder.

Was hat die Interessengemeinschaft bislang für die Beschäftigten in der Kindertagespflege erreicht?

2017 haben wir zum Beispiel einen Protestbrief an den damaligen Sozialdezernenten übergeben, in dem wir die Zahlungsmoral der Stadt Essen angeprangert haben. Daraufhin fanden Gespräche mit den Verantwortlichen statt – mit der Folge, dass die Zahlungen seither deutlich zeitnaher und reibungsloser auf den Konten der Essener Kindertagespflegepersonen eingehen.
Ob bei Konflikten mit Eltern, Fachberatung oder Kolleg*innen in der Großtagespflege, bei Versicherungsfragen oder Unsicherheiten bei der Selbstständigkeit: In den vergangenen Jahren haben wir hunderte Beratungsgespräche geführt und bieten unseren Mitgliedern damit schnelle, niedrigschwellige und kompetente Hilfe. Mit regelmäßigen Treffen und Stammtischen in nahezu allen Stadtteilen sehen wir uns als Plattform für die Vernetzung der Essener Tagesmütter und -väter. Unser ständig wachsendes Fortbildungsangebot ist eine gut angenommene Ergänzung zum Angebot der vier Fachverbände und trägt damit zusätzlich zur Qualitätssteigerung bei. Auch unsere Ausleihbörse, über die man zum Beispiel Kinderwagen, hochwertige Spielgeräte und Fachliteratur bekommt, wird viel genutzt.

Welche Ziele verfolgt der Verein heute?

Wir setzen uns weiter für die Anerkennung unseres Berufsstands ein und möchten, dass Kindertagespflege in unserer Gesellschaft, von Eltern und der Politik als professionelle, mit der Kita gleichwertige Betreuungsform gesehen wird. Außerdem kämpfen wir für gerechte Arbeitsbedingungen. Aktuell fordern wir die Aufhebung des Verbots, Essensgeld von den Eltern zu nehmen, sowie die Abschaffung der Ein-Zwölftel-Regelung, die es der Stadt erlaubt, pauschal ein Zwölftel unseres Entgelts für Urlaubs- und Fehlzeiten einzubehalten.

Mehr Infos unter www.ig-kindertagespflege.de

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