HeldInnen der frühen Kindheit

KindheitspädagogInnen – Chancen und Herausforderungen in der Praxis

Rund 100 TeilnehmerInnen – darunter viele Studierende kindheitspädagogischer Studiengänge – diskutierten bei der Tagung der GEW NRW am 4. Juni 2016 in Düsseldorf den Einsatz von KindheitspädagogInnen in der Praxis. Ein erster Schritt in die richtige Richtung, denn häufig fehlen
für das relativ junge Berufsbild klar etablierte Strukturen und Akzeptanz.  

In verschiedenen Workshops behandelten die TeilnehmerInnen zentrale Themen des Berufsfelds und erarbeiteten zum Beispiel die Einsatzmöglichkeiten von KindheitspädagogInnen außerhalb von Kitas. Hier wurde deutlich, dass es durchaus viele Möglichkeiten im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe gibt, beispielsweise in der Frühförderung, in Beratungsstellen für Kinder und Familien oder in der sozialpädagogischen Familienhilfe. Beraten wurde auch darüber, wo die Politik den Einsatz von KindheitspädagogInnen sieht, und wie dieser Diskurs weiter vorangetrieben werden kann. Einen zentralen Knackpunkt der praktischen Arbeit stellt die Integration von KindheitspädagogInnen ins Kita-Team dar. Die TeilnehmerInnen diskutierten Chancen und Konfliktpotenziale und entwickelten gemeinsam Gelingensbedingungen. Und schließlich ging es auch um die tarifpolitische Dimension: Wie werden KindheitspädagogInnen bezahlt? Und welche Gestaltungsmöglichkeiten gibt es hier?

Die angehenden KindheitspädagogInnen machten im Rahmen der Tagung deutlich, dass es noch viel zu tun gibt. Dazu formulierten sie Wünsche an die GEW NRW – von der Aufklärung der potenziellen ArbeitgeberInnen über den Beruf KindheitspädagogIn, über eine bessere Anerkennung und Aufwertung innerhalb der Gesellschaft bis hin zur Forderung nach eigenen Tätigkeitsmerkmalen zur Eingruppierung in die Entgeltordnung. Darüber hinaus wünschte sich eine große Mehrheit weitere Informationsveranstaltungen seitens der GEW NRW.

KindheitspädagogInnen bieten eine Chance für die Kinder- und Jugendhilfe. Sie bringen vielfältige Kompetenzen mit und können in zahlreichen Feldern eine Bereicherung darstellen – vorausgesetzt die Integration dieser neuen Berufsgruppe in das Team der Kita gelingt. Ferner muss die Politik sich eindeutig positionieren und sich dafür einsetzen, dass KindheitspädagogInnen in der Praxis eingestellt werden. Dies wird zukünftig eine Herausforderung bleiben. 

Die GEW NRW hat auf ihrem Gewerkschaftstag im April 2016 einen Antrag des Referats Jugendhilfe und Sozialarbeit und des Fachgruppenausschusses Sozialpädagogische Berufe verabschiedet, in dem die Forderung nach eigenen Eingruppierungsmerkmalen für KindheitspädagogInnen festgeschrieben wurde. Die Bildungsgewerkschaft hat sich dem Thema also bereits angenommen und wird sich weiterhin für die Interessen der KindheitspädagogInnen und ihre tarifliche Eingruppierung starkmachen. 

Mit der ersten großen Tagung, die als Kooperation verschiedener Arbeitsgremien der GEW NRW – des Referats Jugendhilfe und Sozialarbeit, des Landesausschusses der Studierenden und des Fachgruppenausschusses Sozialpädagogische Berufe – über die Bühne gegangen ist, ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung gemacht. Sie ist zugleich als Appell an die Bildungsgewerkschaft zu verstehen, dem Bereich der Kinder- und Jugendhilfe sowie der Sozialarbeit im Allgemeinen eine größere Bedeutung innerhalb der Gewerkschaft beizumessen.

Linda Engels
Leitungsteam des Referats J (Jugendhilfe und Sozialarbeit der GEW NRW)

Foto: rebekkaw / photocase.de

 

Reiches Potenzial

Seit 2004 gibt es kindheitspädagogische Studiengänge auch in Deutschland, nachdem im europäischen Ausland schon lange auf akademisch ausgebildete Fachkräfte in der Frühpädagogik gesetzt wird. Allein in NRW gibt es 22 Studiengänge der Kindheitspädagogik. Die Anforderungen an frühkindliche Bildung haben sich in den letzten Jahren deutlich verändert und erfordern weitere Qualifikationen. Die Einführung des Studiengangs Kindheits-pädagogik ist auch ein Ausdruck der gestiegenen gesellschaftlichen Wertschätzung der Bildungsarbeit mit Kindern. In NRW folgte im Jahr 2015 das Gesetz zur staatlichen Anerkennung von KindheitspädagogInnen. Eine neue Berufsgruppe ist entstanden, die sich durch ihre spezifischen Kenntnisse im Bereich der frühen Kindheit auszeichnet. Kita, Hort, Offene Ganztagsgrundschule, Erziehungshilfe, heilpädagogische Arbeitsbereiche und Fachberatung sind mögliche Beschäftigungsfelder. Multiprofessionelle Zusammenarbeit von beispielsweise ErzieherInnen, KinderpflegerInnen, SozialpädagogInnen und KindheitspädagogInnen bietet ein reiches Potenzial zur Sicherung und Weiterentwicklung pädagogischer Qualität in allen Arbeitsbereichen der frühkindlichen Bildung.

Maike Finnern
stellvertretende Vorsitzende der GEW NRW

0 Comments
Kommentieren
Die mit (*) gekennzeichneten Felder sind Pflichtfelder.

Kommentare (0)

Hat Ihnen dieser Artikel gefallen? Lassen Sie es uns wissen. Wir freuen uns auf Ihr Feedback!
24
Ihre Meinung? Jetzt kommentieren