Kooperativer Unterricht: Plakat statt Medienfeuerwerk

Kooperativen Unterricht mit Medien gestalten

Der Inhalt einer Unterrichtseinheit, festgehalten auf DIN A2 – gut gestaltete Plakate sind komplexe Reduktionsvorgänge und setzen voraus, dass die Schüler*innen sich intensiv mit dem Lerngegenstand auseinandersetzen. Gleichzeitig unterstützen Plakate die Vermittlung von Inhalten vor größeren Gruppen besser als manch ambitioniertes Medienfeuerwerk. Doch was macht ein Plakat zu einem guten Plakat?

 Im Unterricht hat ein Plakat ab Größe DIN A2 bis hin zu großflächigen Wandgestaltungen meist die Aufgabe, Inhalte komprimiert einer größeren Menschenmenge auf Distanz zu vermitteln. Es ist ein sehr komplexes Medium und seine Erstellung eine anspruchsvolle Aufgabe für Schüler*innen. Ein gutes Beispiel vor Beginn ihrer eigenen Arbeit hilft ihnen, sich zu orientieren, ein schlechtes Beispiel führt ihnen Konsequenzen vor Augen und kann so Lernerfolge vorbereiten. Plakate scheitern in der Regel weniger am Inhalt, sondern häufig an der Gestaltung. Deswegen ist einer der ersten Schritte auf dem Weg zu qualitativ guten Plakaten, den Lernenden die Gestaltungsgrundlagen zu vermitteln. Sinnvoll ist es, die gestalterischen Grundlagen an einfachen Themenstellungen ohne hohen Bewertungsdruck einzuüben. Ist der Lerninhalt so vorentlastet, kann sich die Lerngruppe auf den Entwicklungsprozess und eine neue Fachlichkeit einlassen.

Der Kontrast

Schrift, Aufbau und Visualisierungen müssen auf Distanz erkennbar sein. Die Schrift muss deshalb immer in Schwarz oder Dunkelblau auf möglichst hellem Papier gehalten werden; andere Farben sind auf Entfernung aufgrund des schlechteren Kontrasts nicht mehr gut lesbar. Wichtige Worte, maximal Halbsätze sollten besonders ausgezeichnet sein, durch Unterstreichung, Umkästelung oder eine abstechende hellere Farbe. Gut lesbare Plakate gelingen auch auf Tapetenresten, Makulaturpapier oder Ähnlichem. Bunte Tonpapiere sind nur dann geeignet, wenn die Farbe sehr hell ist. Bei dunklem Papier muss der Kontrast zwischen Untergrund und Schrift ebenfalls sehr stark sein. Dafür sind ausreichend breite, deckend weiße Stifte nötig, die aber meist teuer und lackbasiert sind. Flüssige Kreidestifte sind eine Alternative, benötigen jedoch wenig saugfähiges Papier, sonst erscheint die Farbe blass und eine Lesbarkeit auf Distanz wird nicht erreicht. Dicke, schwarze Filzstifte auf hellem Papier sind folglich die erste Wahl.

Die Schrift

Schönschrift ist nicht nötig, sondern große, deutliche Buchstaben, die einzeln klar erkennbar sind. Normschriften oder Plakatschriften, wie sie beispielsweise im Einzelhandel gebraucht werden, sind ideal, aber ein großer Aufwand für Lernende. Einfacher ist es in Druckschrift zu schreiben, bei der jeder Buchstabe möglichst gerade oder leicht rechtsfallend deutlich ausgeformt wird. Ein weiterer entscheidender Faktor ist die Größe der Buchstaben: Ab einer Zeichenhöhe von vier Zentimetern kann von einer plakattauglichen Schrift gesprochen werden. Die Schrift darf gern größer sein oder größer werden, aber nicht kleiner und auch nicht kleiner werdend. Sie sollte immer aus drei Metern Abstand lesbar bleiben. Werden verschiedene Schriftgrößen benutzt, sollte die gleiche Schriftgröße für gleich wichtige oder gleichartige Aussagen genutzt werden.
Die Zeilenabstände sollten zwei Zentimeter nicht unterschreiten und gleich bleiben. Dabei helfen feine, selbstgezogene Linien oder Papierstreifen aus DIN-A3- oder DIN-A4-Papier, die erst beschriftet und dann aufgeklebt werden. Die zweite, aufwändigere Methode ermöglicht neben methodischen Einsatzvarianten auch die problemlosere Korrektur des Layouts oder der Inhalte.

Das Layout

Jedes Plakat hat  eine festgelegte Gliederung: Überschrift, Hauptteil, Visualisierungen und die Namen der Lernenden. Die Überschrift ist größer und deutlich erkennbar. Das Datum rechts oben in der Ecke hilft, das Plakat zeitlich zuzuordnen. Auch eine Kopfzeile kann eingefügt werden, um Plakate Klassen, Gruppen, Themen oder Daten zuzuordnen. Die Namen der Lernenden, die das Plakat erarbeitet haben, und gegebenenfalls ein Verfallsdatum, an dem dieses Plakat abgenommen wird, gehören in die Fußzeile. Die Zusammenhänge von Inhalten oder Textteilen sollten sofort erfassbar sein.
Einzelne Zeilen und Abschnitte brauchen ausreichend Raum. Dieser bewirkt eine bessere Lesbarkeit, weil die Abschnitte besser erfasst werden und Betrachter*innen nicht in andere Zeilen hinuntergleiten oder hinaufrutschen. Damit dies gelingen kann, dürfen die Texte und die einzelnen Sätze nicht zu lang sein. Aufzählungen, Nummerierungen und ein linksbündiger Beginn der Zeilen unterstützen die Orientierung.
Hochformatige Plakate haben Vorteile: Die Zeilen sind kürzer und damit besser zu lesen. Es passen mehr Zeilen untereinander. Zudem passen mehr Plakate in Augenhöhe auf eine Wandfläche. Der Nachteil: Bild und Text passen nicht immer nebeneinander auf ein Plakat.  
Icons und Emoticons helfen den Betrach-ter*innen, indem sie Funktionen und Aufgaben anschaulich machen: Die Brille steht für genaues Lesen, das Werkzeug für Ausprobieren, die Lupe kennzeichnet eine Zoomansicht, das Ausrufezeichen Wesentliches und das Fragezeichen weist auf zu Klärendes hin. Lehrende und Lernende können sich auf ein eigenes Zeichenrepertoire einigen, um festgelegte Inhalte kurz und einprägsam mit darzustellen. Abkürzungen sollten allgemein bekannt sein.

Die Visualisierung

Visualisierungen sollten auf Entfernung erkennbar bleiben. Eine detailreiche Fotografie in Farbe ist dabei, auch wenn sie teuer auf DIN- A4-Format ausgedruckt wird, nicht immer hilfreich. Eine schwarz-weiße Schnittdarstellung oder Schemazeichnung, die auf das Wesentliche reduziert ist, ist möglicherweise besser. Sie kann Lerngruppen adäquat erklärt und von einem realen Objekt oder einem Film medial begleitet werden. Die Anforderungen an Farben, Kontrast und Erkennbarkeit der Einzelteile ändern sich nicht, Flächen hingegen können jegliche Farbigkeit haben. Es ist unterstützend, den Lernenden die Schraffurtechnik zu zeigen. Sie hat den Vorteil, dass sie ordentlicher aussieht, auch wenn sie zügiger ausgeführt ist.

Der Zweck

Zweck und Gestaltung eines Plakates bedingen einander. Die meisten Plakate haben die Funktion Inhalte zu transportieren. Grundsätzlich muss der Inhalt visuell oder schriftlich dargestellt werden können. Da das Plakat immer ein Medium ist, das auf Reduktion angewiesen ist, muss der Inhalt reduzierbar und dem Lernstand der Lernenden entsprechend vermittelbar sein. Komplexe Vorgänge, Entwicklungen, theoretische Gedankengänge lassen sich vielleicht mit Hilfe anderer Medien (Video, Fotografie, Power-Point, Text) von Lernenden besser darstellen, wenn das Medium für sich allein sprechen soll.
Manche Plakate stehen für sich allein und werden – zum Beispiel als Wandzeitung – nicht kommentiert. Sie brauchen mehr Text und die Beziehung der Aussagen muss durch eine komplexere Grammatik eindeutig festgelegt sein. Wird das Plakat entwickelt, um eine Präsentation zu unterstützen, kommt es in der Regel mit weniger Text aus und die mediale Reduktion wird genutzt, um dem Vortragenden und den Zuhörer*innen eine gemeinsame, visuelle Referenz bereitzustellen.

Didaktische Überlegungen

Vor dem Einsatz von Plakaten im Unterricht ist unter anderem zu klären: Wie kann das Plakat die fachliche Kompetenzentwicklung unterstützen? Wie kommen die Schüler*innen und die Lehrkraft gemeinsam zu einem fachlich und gestalterisch aussagekräftigen Medium? Was macht die Lerngruppe während und nach der Präsentation mit dem Plakat?
Kooperative Arbeitsformen wie die Aufgabenverteilung nach Numbered Heads splitten die Zuständigkeiten in verschiedene Rollen auf, um die Kompetenzen der einzelnen Lernenden zu nutzen: Schreiber*innen  brauchen eine gut lesbare Schrift, Korrektor*innen eine sichere Rechtschreibung, Zeichner*innen sollten ein Händchen für gute Darstellung haben. Je unerfahrener die Lerngruppe in kooperativen Arbeitsformen und Plakatentwürfen ist, desto stärker sollte auf die Kompetenzen der Einzelnen geachtet werden, um ein gutes Ergebnis zu erreichen. In erfahrenen Arbeitsgruppen ist es eher möglich und sinnvoll, fehlende Kompetenzen in den Blick zu nehmen und auszubauen. Der Lehrkraft obliegt die schwierige Diagnose: Auf welchem Stand ist meine Lerngruppe? Was ist mein unterrichtlicher Schwerpunkt? Welche Kompetenzen haben die Einzelnen? Wie lassen sich die Gruppen so zusammenstellen, dass möglichst alle nutzbare Plakate entwickeln können?

Groß denken, klein anfangen

Ein komplexes, selbsterstelltes Medium wie das Plakat ist eine hohe gestalterische und fachliche Arbeitsleistung. Eingebettet in komplexe soziale Prozesse der Gruppenarbeit, die eine hohe soziale Kompetenz von den Lernenden erfordern, werden in der Regel neue fachliche Inhalte erarbeitet. Die Lernenden sollten deshalb mit bedachter Planung, spannenden Arbeitsaufgaben und guten Materialien unterstützt werden. Ganz nach dem Motto: Think big, start small.


Marayle Küpper
Lehrerin für Gestaltungstechnik und Deutsch, Fachleiterin Gestaltungstechnik am ZfsL Düsseldorf, Moderatorin für Kooperatives Lernen am Green-Institut Rhein-Ruhr

Dr. Petra Regina Moog
Leitung der SOPHIA::Akademie Düsseldorf, Schulentwicklungsbegleiterin und Schulbauberaterin, Dozentin für Begabungsförderung am CCB Düsseldorf

Illustrationen: PureSolution / shutterstock.com, designed by Freepik, Mock-up: bluemonkeylab.com

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