Für faire Globalisierung und eine gerechte Handelspolitik

Dezentrale Demonstrationen gegen TTIP und CETA

Am 17. September 2016 werden wieder Zehntausende für einen fairen Welthandel und gegen die Handelsabkommen mit den USA (TTIP) und Kanada (CETA) auf die Straße gehen. Der Protest ist wichtiger denn je: Es geht um mehr als ein oder zwei weitere Freihandelsverträge. Es geht um die Frage, ob ein Neustart bei der Gestaltung der Globalisierung möglich ist.

Jahrzehntelang hat die Handelspolitik einseitig auf einen freien Weltmarkt gesetzt, ohne diesem Markt die nötigen sozialen und ökologischen Regeln zu geben. Diese Art von Globalisierung gerät zu Recht immer mehr in die Kritik, denn sie hat Nebenwirkungen: Die Ungleichheit nimmt vielerorts zu, der verstärkte Wettbewerbsdruck wird oft auf dem Rücken der Beschäftigten abgeladen oder geht zulasten des Umwelt- und Verbraucherschutzes.

Ausnahmenlisten: Kontrollen fast unmöglich

Kämen CETA und TTIP wie geplant, würden sich die Probleme noch verschärfen. CETA folgt beispielsweise als erstes EU-Abkommen überhaupt dem sogenannten Negativlisten-Ansatz und führt damit tendenziell zu immer mehr Deregulierung. Bislang mussten Bereiche, in denen der Wettbewerb verstärkt werden soll, explizit in einer Positivliste aufgeführt werden. Künftig soll es nach dem Willen der VerhandlungsführerInnen umgekehrt sein: Möchte ein Staat Ausnahmen festlegen, muss er den jeweiligen Bereich auf eine Negativliste setzen. Damit muss nicht mehr die Liberalisierung gerechtfertigt werden, sondern die Ausnahme davon.
Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass wichtige Regeln – etwa zum Schutz der Daseinsvorsorge –
auf der Negativliste vergessen werden. Die Ausnahmenlisten bei CETA umfassen rund 870 Seiten. Damit ist kaum kontrollierbar, ob wirklich alle wichtigen öffentlichen Dienstleistungen vom Geltungsbereich des Abkommens effektiv ausgenommen sind. Außerdem enthält CETA Regelungen wie die Stillstandsklausel und die Sperrklinkenklausel: Sie schreiben stets das je-weils höchste erreichte Liberalisierungsniveau fest und verhindern eine erneute Regulierung von deregulierten Bereichen.

Nachhaltigkeit: Keine Pflicht zur Umsetzung

Zudem ermöglichen die geplanten Regeln zum Investitionsschutz Unternehmen, vor Schieds-gerichten gegen sinnvolle staatliche Regulierung zu klagen. Dank des öffentlichen Drucks hat es bei CETA klare Verbesserungen gegeben – beispielsweise hinsichtlich der Unabhängigkeit der Schiedsrichter und der Überprüfbarkeit von Urteilen. Grundsätzlich bleibt es aber dabei, dass ausländische InvestorInnen durch das Abkommen zusätzliche Rechtsansprüche gegenüber dem Staat erhalten und Regierungen unter Druck setzen können.
Stattdessen bräuchten wir effektive Durchsetzungsmechanismen für ArbeitnehmerInnenrechte und entsprechende staatliche Regulierungen müssen gestärkt werden. Und tatsächlich sollen CETA und TTIP auch Nachhaltigkeitskapitel mit Vorgaben zum Schutz und zur Förderung solcher Rechte beinhalten. Das Problem: Während alle anderen Teile des Abkommens mit Sanktionen bewehrt sind – also beispielsweise Verstöße gegen die Pflicht zur Zollsenkung mit Strafen belegt werden können –, gilt das für die Nachhaltigkeitskapitel nicht. Ausgerechnet im Abkommen festgeschriebene ArbeitnehmerInnenrechte oder Umweltstandards sind damit nicht effektiv durchsetzbar. Nachhaltigkeitskapitel drohen zahnlose Tiger zu bleiben.

Welthandel muss allen zugutekommen

Die Kritik an TTIP und CETA und der Ruf nach einer besseren Handelspolitik sind kein deutsches Phänomen. Die Gewerkschaften in anderen Teilen Europas, aber auch in Kanada und den USA, teilen die Bedenken und Forderungen des DGB. Diese internationale Einigkeit ist wichtig. Denn die Probleme der Globalisierung werden nicht durch ein Zurück zum Nationalstaat gelöst, wie manche behaupten. Die Lösung muss sein, den Welthandel so zu gestalten, dass seine Vorteile wirklich allen zugutekommen. Es braucht einen transparenten Diskussionsprozess, der die faire Gestaltung der Globalisierung in den Mittelpunkt stellt.
Dafür gehen wir am 17. September 2016 in sieben deutschen Städten auf die Straße –
gemeinsam mit vielen anderen Organisationen.

Ste­fan Kör­zell, DGB-Vorstandsmitglied, Schwerpunkte: Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik sowie Struktur-, Industrie- und Dienst­leistungs­politik

Foto: David-W- / photocase.de

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