Akkreditierung: Arbeitnehmer*innen bestimmen mit

Gewerkschaftliches Gutachter/innen-Netzwerk

Die Akkreditierung von Studiengängen ist die Gelegenheit, um Fehlentwicklungen und Versäumnisse aufzudecken und die Studienbedingungen zu verbessern. Gut, dass auch Vertreter*innen aus der Berufspraxis beteiligt werden – noch besser, wenn sie Gewerkschafter*innen sind. Auch die GEW NRW ist gefragt!

Grundsätzlich als Werkzeug der Qualitätssicherung und -entwicklung gedacht, ist die Akkreditierung in vielen Fachbereichen zum Synonym für die kleinteilige und kleinliche bürokratische Überprüfung von Dokumenten geworden, die keinerlei Bezug zur Lehrrealität aufweist. Studierende und außeruniversitäre Akteure nehmen sie kaum wahr. Das ist bedauerlich, denn die Akkreditierung ist eine Möglichkeit, hinter die Kulissen der Hochschule zu schauen und Fehlentwicklungen und Versäumnisse ans Tageslicht zu zerren.
Zur Gutachter*innengruppe für die Akkreditierung gehört neben Vertreter*innen der Fachdisziplin – in der Regel Professor*innen – und Studierenden auch mindestens ein*e Vertreter*in der Berufspraxis. Mit dem „Gewerkschaftlichen Gutachter/innen-Netzwerk“ (GNW) ergibt sich hier eine besondere Chance: Als zentrale Anlaufstelle schlägt es kooperierenden Hochschulen und Akkreditierungs-agenturen eigene Gutachter*innen aus seinem qualifizierten Pool vor.

Das Netzwerk stärken – mit Gutachter*innen der GEW

In den für die GEW primär relevanten Studiengängen, vor allem in den Lehramtsstudiengängen, war bisher die Akkreditierung je nach Landesrecht entweder nicht vorgesehen oder eingeschränkt. Für die Berufspraxis werden üblicherweise Vertreter*innen der Ministerialbürokratie als Gutachter*innen eingesetzt. Auch wenn die aktuelle Rechtslage diese Einschränkung als Regelfall beibehält, öffnet sich in diesem Punkt nach den Hochschulen auch das nordrhein-westfälische Ministerium für Schule und Bildung. Im Zuge der System-akkreditierung erhalten Hochschulen mit effektiven Qualitätssicherungssystemen mehr Eigenständigkeit in der Akkreditierung und schätzen die Berufspraxis dabei als beratende Stimme. Auch bedeutet die Vielzahl der Verfahren eine nicht unerhebliche Belastung für die Ministerien, die bei unkritischen Verfahren bereit sein können, auf die Gutachter*innenrolle zugunsten einer administrativen Prüfung der Gutachten zu verzichten. Diesen Raum kann die GEW im Gutachter*innennetzwerk füllen, wenn eine ausreichende Zahl qualifizierter Gutachter*innen bereitsteht.
Über die Lehrer*innenbildung hinaus vertritt die GEW weitere Tätigkeitsfelder, die für das GNW relevant sind: die außerschulische Bildung, das Wissenschaftsmanagement und die wissenschaftsnahen Dienstleistungen. Berufspraktische Expertise aus Arbeitnehmer*innenperspektive ist auch in Akkreditierungsverfahren in diesen Bereichen gefragt. Das GNW bietet Qualifikations- und Netzwerkmöglichkeiten für interessierte Gewerkschafter*innen.

Arbeitsbedingungen zum Standardthema machen

Klar ist: Der Einfluss der Berufspraxis im Akkreditierungsverfahren ist meist begrenzt, da im Zweifelsfall eine professorale Mehrheit Entscheidungen trifft. Gewerkschaftliche Gutachter*innen können jedoch Themen setzen und alle Beteiligten zur Stellungnahme zwingen. Den studentischen Gutachter*innen ist es auf diese Weise gelungen, dass Prüfungs- und Arbeitsbelastung mittlerweile Standardthemen der Akkreditierung sind. Das Ziel der GEW sollte sein, mittelfristig ihre Positionen zu Arbeitsbedingungen an Hochschulen und langfristig ihre Konzepte zur Struktur der Lehrer*innenbildung im Speziellen und der universitären Bildung im Allgemeinen zu Standardfragen zu machen.
Mit der Akkreditierung kann perspektivisch die Verbesserung der Studien- und Arbeitsbedingungen eingeleitet werden. Wenn GEW-Vertreter*innen im GNW für die Arbeitnehmer*innenseite einbezogen werden, kann die Bildungsgewerkschaft alle Facetten des Arbeitslebens in den Prozess tragen.


Dr. Frédéric Falkenhagen
Mitglied der Fachgruppe Hochschule und Forschung sowie im Leitungsteam des Referats für Wissenschaft und Hochschule der GEW NRW

Foto: kkolosov / Fotolia

 

Wie werde ich Gutachter*in?

Das „Gewerkschaftliche Gutachter/innen“ (GNW) bietet Tagungen , Schulungen, und Austausch an – zum Teil gemeinsam mit den Akkreditierungsagenturen. Regelmäßig finden Schulungen für Gewerkschaftskolleg*innen und Studierende statt, die sich im GNW oder im studentischen Akkreditierungspool engagieren wollen und noch wenig Erfahrung in der Akkreditierung haben.

Infos und Termine unter www.gutachternetzwerk.de



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