Fachhochschulen: Professor*innen dringend gesucht

Fachhochschulen: Personalentwicklung

Jede zweite Professur an deutschen Fachhochschulen bleibt nach der ersten Ausschreibungsrunde unbesetzt. So lautet das Ergebnis einer Studie des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW). Was muss sich verändern, damit die Stellen attraktiver werden?

Auf eine ausgeschriebene Fachhochschulprofessur gehen der DZHW-Studie zufolge durchschnittlich 22 Bewerbungen ein. 36 Prozent der Professuren werden mehrfach ausgeschrieben. In fast der Hälfte der Verfahren umfasst die Vorschlagsliste weniger als drei Namen. So bleibt auch nach mehreren Ausschreibungsrunden letztlich mehr als jede sechste Professur unbesetzt. Dass die Besetzung von Fachhochschulprofessuren – mindestens in den MINT-Fächern – so schwierig ist, hat neben dem Bewerber*innenmangel weitere Gründe: Nicht selten folgen potenzielle Kandidat*innen lieber dem Ruf an eine Universität oder eine anscheinend attraktivere Fachhochschule. Oder die Anwärter*innen bleiben nach erfolglosen Rufannahmeverhandlungen doch lieber in der Wirtschaft.
Die formalen Voraussetzungen für eine Professur an der Fachhochschule sind im Hochschulzukunftsgesetz (§ 36, Absatz 5) geregelt: Über die Promotion hinausgehend werden „besondere Leistungen bei der Anwendung oder Entwicklung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden“ erwartet, „die während einer fünfjährigen berufspraktischen Tätigkeit, von denen mindestens drei Jahre außerhalb des Hochschulbereichs ausgeübt worden sein müssen“.

Lohnt sich der Wechsel aus der Wirtschaft an die Fachhochschule?

Für jene, die zwar außerhalb der Hochschule tätig, aber weiterhin an Wissenschaft interessiert sind und mit dem Gedanken spielen, sich auf eine Fachhochschulprofessur zu bewerben, dürfte die Frage nach der Besoldung wesentlich sein: Lohnt sich bei meiner Qualifikation der Einstieg in die Fachhochschule? Aufschlussreich ist dazu eine Studie, die von einem der führenden Gehaltsportale publiziert wurde: Demnach ist die Promotion finanziell besonders lukrativ für Jurist*innen, Naturwissenschaftler*innen und Ingenieur*innen. Im Vergleich dazu schneiden die Fachhochschulen, an denen Hochschullehrer*innen in diesen Fächern mit einem W-2-Gehalt vergütet werden, nur bedingt gut ab.
Hinzu kommt, dass die herkömmlichen Deputate von18 Lehrveranstaltungsstunden sehr hoch sind und die Anforderung, sich zusätzlich in der Forschung und in der wechselseitigen Vernetzung von Hochschule, Wirtschaft und Gesellschaft – der sogenannten „Third Mission“ –  zu engagieren, häufig zu Überlastungen führt. Dies belegen die Ergebnisse von Untersuchungen mit dem „Bielefelder Fragebogen zur Erfassung psychosozialer Belastungen und Ressourcen am Arbeitsplatz Hochschule“. Zumindest der flexible Umgang mit dem hohen Lehrdeputat erscheint daher unverzichtbar und wird an einigen Fachhochschulen bereits praktiziert, um die Attraktivität der Professur zu erhöhen.

Tandem-Modelle für zukünftige Professor*innen

Angesichts dieser Situation und der zunehmenden Bedeutung, die den Fachhochschulen im tertiären Bildungssektor zukommt, empfiehlt der Wissenschaftsrat zunächst sogenannte Tandem-Modelle zur strukturierten Personalentwicklung von Fachhochschullehrer*innen. Kurz gesagt: Nach der Promotion sollen die zukünftigen Professor*innen neben der mehrjährigen Praxisphase in einer Organisation oder einem Unternehmen zu einem Fünftel ihrer Tätigkeit an einer Fachhochschule beschäftigt werden, um damit die Voraussetzungen für eine Berufung zu erfüllen.
Die GEW begrüßt diesen Vorschlag, fordert aber gleichzeitig, dass die Personalstruktur an den Fachhochschulen insgesamt neu strukturiert werden muss. Unverzichtbar erscheint insbesondere die Aufstockung des akademischen Mittelbaus.

Dr. Diethard Kuhne
Mitglied im Referat E (Wissenschaft und Hochschule) der GEW NRW

Fotos: Tinvo / photocase.de

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