Duisburger Grundschulen fordern Soforthilfe

Lehrkäftemangel in NRW

Bis zum Sommer 2015 gab es das Problem für Duisburger Grundschulen nur bei der Suche nach SonderpädagogInnen. Seit knapp über einem Jahr – und aktuell mit einem vorläufigen Höhepunkt – werden jedoch auch Grundschullehrkräfte vergeblich gesucht. Das Problem gibt es vor allem in den Bezirksregierungen Düsseldorf und Köln, landesweit sind oft sogenannte „Brennpunktschulen“ betroffen. Wie wirkt sich diese Situation auf das Lehren und Lernen an den betroffenen Schulen aus und was muss getan werden?

Für viele Grundschulkollegien in Duisburg – oder auch im rechtsrheinischen Köln, im Süden Gelsenkirchens, im Norden Essens – ist „schulscharf“ zu einem Unwort geworden: Die KollegInnen müssen Stellen dringend nachbesetzen, bereiten mit Schulleitung und Schulkonferenz eine schulscharfe Ausschreibung vor, bilden eine Auswahlkommission – und sind dann überrascht über leere Ordnungsgruppenlisten und enttäuscht, wenn sich stellenweise überhaupt niemand mehr zum Auswahlgespräch einfindet. Diese Prozedur wiederholt sich für ein und dieselbe ausgeschriebene Stelle oft vier oder fünf Mal. An den 76 Duisburger Grundschulen wurden bereits mehrmals 87 GrundschullehrerInnen und fünf SonderpädagogInnen gesucht.

Vertretungsreserven schrumpfen, Sprachförderstellen bleiben unbesetzt

Die dringend benötigte Vertretungsreserve schrumpft stark und wird in Duisburg wohl bald komplett unbesetzt bleiben. Gerade Krankheitsausfälle, die angesichts der Belastungen häufiger werden, können nun noch seltener als zuvor vertreten werden.
Das Schulministerium hatte im Spätsommer 2015 den Schulämtern, die am meisten geflüchtete Kinder erwarteten, vor allem Stellen zur Sprachförderung zugewiesen. In Duisburg blieb es leider bei dieser theoretischen Zuweisung, weil sich niemand auf die neun Stellen bewarb. So haben die Schulämter teils Hunderte Kinder mehr als in den Vorjahren zugewiesen bekommen – die Förderung müssen die Schulen aber schlimmstenfalls sogar mit weniger KollegInnen und Stunden leisten.

Steigende Belastungen – sinkende Unterrichtsqualität

An den Grundschulen wachsen somit die Belastungen und die Unterrichtsqualität verschlechtert sich. Die Hilfsmaßnahmen des Ministeriums greifen aber nicht: Die KollegInnen sind verständlicherweise wenig motiviert, ihre Teilzeitreduzierungen aufzustocken. Der Erlass für die Einstellung von Gymnasiallehrkräften an Grundschulen blieb ohne Ergebnisse – nicht zuletzt, weil es an Duisburger Gymnasien noch freie Stellen gibt.
Stundenpläne können so manchmal nur unterhalb der Mindeststundenbandbreiten aufgestellt werden. Zu Beginn des Schuljahres 2016/2017 kam es in Duisburg zu zahlreichen „Notabordnungen“, um an einigen Grundschulen wenigs-tens Minimalstundenpläne gewährleisten zu können. Angesichts der unterdurchschnittlichen Unterrichtsversorgung an nordrhein-westfälischen Grundschulen benachteiligt das die SchülerInnen noch mehr und wird mittelfristig deren Eltern beunruhigen.Nur wenig Entlastung ist in Sicht und es ist zu befürchten, dass durch mehr Krankheitsausfälle eine Dynamik entsteht, die noch schwieriger zu kompensieren ist.

Das Schulministerium schaut weg

In den Stellungnahmen des Sommers und in Gesprächen mit Verantwortlichen machte die Landesvorsitzende Dorothea Schäfer auf die Probleme aufmerksam und forderte deutliche Signale für eine sofortige Arbeitsentlastung für die KollegInnen an den Grundschulen in NRW. Aber auf Vorschläge, die Qualitätsanalyse VERA 3 oder Delfin 4 wenigstens an den stark belasteten Standorten auszusetzen, reagierte das Ministerium abwiegelnd und ließ sinngemäß durchblicken, dass es auch andere Probleme vor Ende des Landtagswahlkampfs nicht anpacken wolle. Daneben fordert die GEW NRW den Einsatz von UnterrichtsassistentInnen an Schulen sowie von Hilfskräften im Unterricht. Langfristig schlägt die Bildungsgewerkschaft in NRW vor, die Anerkennung von ausländischen Lehrämtern – zum Beispiel aus den Niederlanden – zu vereinfachen. Eine weitere Kapitalisierung der Lehrerstellen für die Offene Ganztagsschule (OGS) könnte darüber hinaus ermöglichen, dass die Stellen stattdessen für den Unterricht verwendet werden und der Träger der OGS anderes Personal einstellen kann.Natürlich hängen die Probleme vor allem mit einer überfälligen Aufwertung der Arbeit in den Grundschulen zusammen – hier setzt die GEW mit ihrer Kampagne „JA 13!“  an. Die langfristig nötigen Maßnahmen dürfen aber den Blick auf kurzfristig unabdingbare Rettungsmaßnahmen nicht verstellen. Die Landesregierung ergreift Maßnahmen, die den Kollegien an betroffenen Grundschulen nicht helfen, und ignoriert somit  den Lehrkräftemangel ausgerechnet im beginnenden Landtagswahlkampf – die GEW NRW wird das nicht zulassen.  

Anke Rieke
Leitungsteam der Fachgruppe Grundschule der GEW in Duisburg

Rüdiger Wüllner
Leitungsteam der Fachgruppe Grundschule der GEW in Duisburg

Foto: 97419288 /fotolia.com

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