Rettungsprogramm für Kita-Träger: Qualität gibt‘s nicht zum Nulltarif

Rettungsprogramm für Kita-Träger in NRW

500 Millionen Euro will die schwarz-gelbe Landesregierung in die nordrhein-westfälische Kita-Landschaft investieren und damit „die Trägervielfalt in NRW sichern“. Die Summe macht mehr als ein Drittel der insgesamt für den Nachtragshaushalt zur Verfügung gestellten rund 1,35 Milliarden Euro aus.
Der Gesetzentwurf für das Kita-Träger-Rettungsprogramm soll für die Kindergartenjahre 2017 / 2018
und 2018 / 2019 gelten. Doch was bleibt für die Kita-Qualität übrig?

500 Millionen Euro, das hört sich erst einmal viel an. Die Frage ist nur, wie das Geld investiert wird und ob es für die anstehenden Aufgaben ausreicht. Das System Kita ist bereits seit Jahren chronisch unterfinanziert. Hinzu kommt, dass das Geld lediglich den Trägern zur Verfügung gestellt werden soll – ein Rettungsprogramm für die Träger. Finanzielle Zuschläge sollen gestaffelt nach Gruppenform und Betreuungszeit gezahlt werden.

Gute Bildung fängt mit Guter Arbeit an

Die vielen Erzieher*innen und weiteren sozialpädagogischen Fachkräfte in den Einrichtungen sind allerdings diejenigen Kräfte, die das System am Laufen halten. Sie legen mit täglichem Einsatz und Engagement – oft über ihre Belastungsgrenzen hinaus – die Grundsteine für die Bildungskette der kleinen Menschen in unserer Gesellschaft. Ein richtiger Schritt wäre es deshalb gewesen, viel Geld in die Hand zu nehmen, um nicht immer nur kleine Löcher im System zu stopfen, sondern es grundlegend auf neue Füße zu stellen. Im Koalitionsvertrag finden sich dazu keine konstruktiven Ideen oder Vorschläge. Was wir in NRW brauchen, ist eine solide Finanzierung, um die Träger in die Lage zu versetzen, einen qualitativ guten Arbeitsplatz für die Beschäftigten und damit auch eine qualitativ hochwertige frühkindliche Bildung für die Kinder anzubieten – nicht zuletzt um Chancengleichheit für alle Kinder zu ermöglichen.
In den letzten Jahren lässt sich ein zunehmender Fachkräftemangel in den Kitas beob-achten, der in den kommenden Jahren durch einen erhöhten Bedarf an Kita-Plätzen noch weiter steigen wird. Unweigerlich stellt sich hier die Frage nach der Attraktivität des Berufs. Die Fakten sprechen für sich: Für Erzieher*innen beispielsweise folgt auf eine zumeist fünfjährige Ausbildung ohne Bezahlung ein Berufsalltag, der den Ansprüchen an gute Bildung  in einigen Fällen nicht gerecht werden kann, weil die Zeit nicht reicht oder nicht ausreichend Kolleg*innen vorhanden sind.

Den Arbeitsplatz Kita attraktiv machen

Um die Attraktivität der Arbeit in der Kita zu steigern, braucht es neben einer besseren tariflichen Eingruppierung und damit einer höheren Bezahlung der Fachkräfte auch mehr Qualität in den Einrichtungen. Das funktioniert nur mit einem verbesserten Fachkraft-Kind-Schlüssel, der Fortbildungen, Krankheiten und Urlaube der Kolleg*innen einkalkuliert, einer Freistellung der Kita-Leitung vom Gruppendienst, dem Einsatz multiprofessioneller Teams, zum Beispiel durch den Einsatz von Kindheitspädagog*innen, kontinuierlichen, vom Arbeitgeber bezahlten Fort- und Weiterbildungen für die Fachkräfte und einer ständigen Fachberatung.
Qualität in Kindertageseinrichtungen gibt es nicht umsonst. Die GEW fordert auch auf Bundesebene ein Kita-Qualitätsgesetz mit bundeseinheitlichen Vorgaben zur Qualität. NRW könnte Vorreiter werden und bereits erste Qualitätsverbesserungen umsetzen, wenn auch die Landesregierung erkennen würde, welchen Stellenwert die frühkindliche Bildung in unserem Land haben sollte.


Joyce Abebrese
Referentin für Kinder- und Jugendhilfe der GEW NRW

Foto: Jens Lumm / photocase.de

 

Kitas in NRW

Chronisch unterfinanziert

Die schlechte finanzielle Ausstattung des Systems Kita ist längst chronisch geworden und sorgt dafür, dass die Trägervielfalt zunehmend schrumpft. Wie konnte es dazu kommen?
Mit dem von Schwarz-Gelb eingeführten Kinderbildungsgesetz (KiBiz) kamen 2008 die sogenannten Kindpauschalen, die die Gruppenpauschalen ersetzten. Die Kindpauschalen installierten eine Finanzierung des Systems über die Anzahl der Kinder in der Kita und eine regelmäßige dynamische finanzielle Zufuhr von jährlich 1,5 Prozent. Die jährliche Steigerung um lediglich 1,5 Prozent reichte jedoch nicht aus, um laufende Kosten und beispielsweise Tarifsteigerungen zu decken, sodass die Unterfinanzierung im Laufe der Jahre immer dramatischer wurde. 2016 führte Rot-Grün die Erhöhung der Kindpauschalen um insgesamt drei Prozent jährlich ein; ein erster wichtiger Schritt zu einer besseren Finanzierung, aber längst nicht genug! In Folge der unzureichenden finanziellen Ausstattung der Kitas zogen sich Träger teilweise zurück, weil sie sich eine Unterhaltung der Einrichtungen nicht mehr leisten konnten.


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